Hunde-Führerschein. Gerade in Corona-Zeiten hätten sich viele Menschen einen Hund zugelegt, Tierheime hätten fleißig vermittelt, sagte Lisenfeld. „Wir haben aber auch die Sorge, dass das Interesse nach Corona abebbt und viele Hunde wieder zurückgegeben werden.“
Wie viele Hunde es im Südwesten gibt, erfasst das Statistische Landesamt nicht. Die Zunahme bei den Hundesteuereinnahmen gibt aber einen Hinweis auf die Entwicklung: Gemeinde und Städte im Ländle nahmen den Angaben nach im vergangenen Jahr aus der Hundesteuer insgesamt 48,0 Millionen Euro ein. 2019 waren es 46,2 Millionen Euro.
Daniela Hubl von der Hundeschule Stuttgart sagte, bei einem solchen Hunde-Führerschein gehe es vor allem ums Rücksichtnehmen und darum, Situationen richtig einzuschätzen. Ähnliche Zertifikate wie der „D.O.Q.-Test“ würden schon heute genutzt: „Wer öfter in Berlin Urlaub macht und seinen Hund mitnehmen will, braucht so einen Nachweis“, sagte die Inhaberin der Hundeschule.
In fünf Praxisstunden à 90 Minuten und drei Theorie-Blöcken von je zweieinhalb Stunden gehe es unter anderem um Haltung, Pflege und Verhalten beim Gassigehen mit und ohne Leine. Rund 200 Euro koste das plus Gebühren für die Prüfung. Die nehme dann ein extra zugelassener Tierarzt ab. Hubl würde aber den einen oder anderen Aspekt gerne verschärfen: So müsse man im Moment einen Part zum Freilaufen nicht machen. „Das wird dann zwar vermerkt, hat aber keine Auswirkungen“, kritisierte sie.
Auch für die Haltung von gefährlichen Tieren, etwa Schlangen, plant die Koalition einen „Sachkundenachweis“. Hier sollen die Halter*innen ebenso lernen, wie man diese Tiere hält und pflegt. Das dürfte im Sinne der FDP-Landtagsfraktion sein. Deren tierschutzpolitischer Sprecher Klaus Hoher monierte: „Der geplante Hunde-Führerschein greift zu kurz. Wir müssen den Schutz aller Haustiere im Land stärken und dafür die Sachkunde aller Heimtierhaltender verbessern.“ Dabei gelte der Grundsatz „Lenken statt Verbieten“. „Anstatt auf Regelungswut müssen wir auf freiwillige Fortbildungsangebote an Heimtierhalter setzen.“
Im Koalitionsvertrag heißt es außerdem, es soll eine Kennzeichnungs-, Registrierungs- und Versicherungspflicht geben. Was steckt da dahinter? In Niedersachsen müssen Hunde schon seit 2011 einen elektronischen Chip tragen und haftpflichtversichert sein. Etwas
später kam noch eine zentrale Datenbank hinzu, in der vom Dackel bis zum Dobermann alle Tiere, die älter als sechs Monate sind, angemeldet werden müssen. Ein solches Register ermöglicht es, die Tiere künftig ihren Frauchen und Herrchen zuzuordnen - etwa wenn sie beißen und weglaufen, ohne dass der Besitzer erkennbar ist.
FDP-Politiker Hoher sagte, die Vorteile einer solchen Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht gebe es nur, wenn sie EU-weit rechtssicher umgesetzt werde. „Ansonsten wird sie lediglich zu einem grauen Markt führen, der einen wirksamen Tierschutz letztlich nur erschwert.“
Bislang sind nur wenige Hunde strikt erfasst. So gelten beispielsweise American Staffordshire Terrier, Bullterrier und Pit Bull Terrier nach der Polizeiverordnung des Landes grundsätzlich als besonders gefährlich und aggressiv. Sie sind damit als „Kampfhunde“ eingestuft. Ihre Halter können aber unter anderem vor einem Polizeihundeführer zeigen, dass dem nicht so sei.
„Gefährlich im Sinn der Verordnung sind auch Hunde, die - unabhängig von ihrer Rasse - bissig sind, in aggressiver oder gefahrdrohender Weise Menschen oder Tiere anspringen oder zum unkontrollierten Hetzen und Reißen von anderen Tieren neigen“, heißt es beim Innenministerium weiter.
Erst am Sonntag (2. Mai) sind in Mannheim, wo bereits im Jahr 2016 die Einführung des Hunde-Führerscheins beschlossen wurde, bei zwei Hundeattacken zwei Menschen gebissen worden, obwohl sowohl französische Bulldogge als auch der Stafford-Terrier-Mischling angeleint gewesen sind, wie MANNHEIM24 berichtet. (dpa/pek)