Europas größtes Gebäude aus dem 3D-Drucker entsteht in Heidelberg
Seit Ende März entsteht in Heidelberg ein über 50 Meter langes Gebäude, in das ein Serverhotel einziehen wird. Das Besondere an dem Bau: Er wird komplett mit dem 3D-Drucker erstellt.
- In Heidelberg wird seit Ende März 2023 ein Gebäude im 3D-Betondruckverfahren errichtet.
- Es wird mit 54 Meter Länge, elf Meter Tiefe und neun Meter Höhe das größte Bauwerk Europas aus dem 3D-Drucker sein.
- Das Gebäude soll Ende Juli fertiggestellt sein und ein Serverhotel beheimaten.
Stück für Stück dreht ein computergesteuerter Druckkopf seine Runden über einem Baufeld in Heidelberg. Hier entsteht Europas größtes Gebäude aus dem 3D-Drucker. Ende März starteten die Arbeiten an dem 54 Meter langen, elf Meter tiefen und neun Meter hohen Bau. Er soll ab Spätsommer ein Serverhotel beherbergen, berichtet HEIDELBERG24. Für die Beteiligten ist das wellenförmige Bauwerk aus dem 3D-Drucker ein echter Meilenstein – mit der gleichen Technik will die Nasa 2030 Gebäude auf dem Mond errichten.

Europas größtes Gebäude aus dem 3D-Drucker wird in Heidelberg gebaut
„Als Familienunternehmen wollen wir innovatives und nachhaltiges Bauen voranbringen“, erklärt Bauherr Hans-Jörg Kraus. Rund um den neuen Karlstorbahnhof entwickelt die Kraus Gruppe auf der Konversionsfläche Campbell im Heidelberger Süden seit fünf Jahren zehn Bauprojekte mit einem Investitionsvolumen von rund 180 bis 200 Millionen Euro. Rund 2,5 Millionen Euro investiert der Bauträger und Projektentwickler in Europas größtes Gebäude aus dem 3D-Drucker.
„Hans-Jörg Kraus und ich hatten auf dem Baufeld ohnehin schon ein Rechenzentrum geplant“, erzählt Matthias Blatz, Geschäftsführer von Heidelberg iT Management. „Als mir Kraus dann vorschlug, das Serverhotel auch im 3D-Druck zu machen, war ich sofort begeistert.“ Das Gebäude sei energieeffizienter und verbrauche mit seinen Rundungen weniger Material. „Es ist einfach was Schönes und Neues – und ich liebe einfach neue Sachen“, freut sich Blatz, der mit seinem Unternehmen künftig drei Rechenzentren in Heidelberg betreibt.
„3D-Druck wird die Baubranche radikal verändern“
„Mit dem 3D-Betondruck steht die Baubranche vor radikalen Veränderungen“, ist Dr. Fabian Meyer-Brötz, Geschäftsführer von Peri 3D Construction, überzeugt. Sein Unternehmen erstellt mit dem speziellen 3D-Baudrucker die vertikalen Elemente des künftigen Serverhotels. Ein bis zwei Tage dauerte der Aufbau des Gerüsts und des Cobod Bod2 3D-Druckers. Zwei Mitarbeiter bedienen den Drucker, der mittlerweile in mehreren Metern Höhe seine Bahnen zieht: „Rund 25 Zentimeter legt der Druckknopf pro Sekunde zurück und bringt dabei eine zwei Zentimeter starke Betonschicht aus“, sagt Meyer-Brötz. „Ein Quadratmeter Hohlwand wird in rund fünf Minuten erstellt.“
Sechs Gebäude hat Peri 3D Construction seit 2020 im 3D-Betondruck-Verfahren erstellt, drei davon in Deutschland. Mit dem Verfahren könne man mehrere Arten von Gebäuden drucken, theoretisch seien auch Hochhäuser möglich. „Die charakteristische Formgebung des künftigen Serverhotels in Heidelberg liefert Einblicke in die enorme Gestaltungsfreiheit, die der 3D-Drucker ermöglicht“, betont Meyer-Brötz.

Heidelberg Materials liefert Spezial-Baustoff für Haus aus 3D-Drucker
„Perspektivisch können wir mit dem 3D-Druckverfahren drei Kernherausforderungen der Baubranche angehen: Fachkräftemangel, stagnierende Produktivität und Nachhaltigkeit“, so Meyer-Brötz und schiebt nach: „Die reine Druckzeit für das Gebäude in Heidelberg wird etwa 140 Stunden betragen.“ Noch gebe es keine Normen oder Regularien für das Bauen mit dem 3D-Drucker. Hier können andere Zemente und Bindemittel zum Einsatz kommen als beim konventionellen Bauen.
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In Heidelberg Materials (ehemals Heidelberg Cement) hat Bauherr Kraus einen regionalen Partner gefunden, der einen Baustoff speziell für den 3D-Druck entwickelt hat. „Der mineralische Baustoff ist 100 Prozent recyclebar“, führt Dr. Jörg Dietrich, Leiter Engineering & Innovation bei Heidelberg Materials, aus. Zudem beinhalte der spezielle 3D-Druckbeton ein Bindemittel mit rund 55 Prozent geringerem CO2-Footprint als herkömmlicher Portlandzement. 450 Tonnen des Spezialbetons liefert Heidelberg Materials.
Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner (parteilos) freut sich, dass Heidelberg als Standort für das 3D-Druckprojekt ausgewählt wurde: „Es ist schön zu sehen, dass zukunftsfähiges Bauen auch in Deutschland umgesetzt werden kann.“ (rmx)