Ausgangsbeschränkungen ausgesprochen. Da gebe es keinen Abstand, sondern Alkohol. „Ich hätte gar nichts dagegen zu sagen: Ab 20 Uhr ist wirklich Ruhe“, so Palmer in einer Online-Gesprächsrunde der „Bild“-Zeitung. Tagsüber könne geordnet in der Außengastronomie gesessen oder mit Maske eingekauft werden. „Und nachts sind alle daheim – warum nicht“, so der Grünen-Politiker entschlossen.
Das Rathaus-Chef zeigt sich besorgt angesichts des großen Zulaufs von Menschen, die außerhalb des Landkreises Tübingen wohnen. Zahlreiche Menschen seien am Wochenende in die Universitätsstadt am Neckar gekommen und hatten die dort möglichen Lockerungen genossen. In der Außengastronomie von Cafés und Restaurants waren die Plätze bei frühlingshaften Temperaturen gefüllt. Die Stadt hat die Zahl der Tests für Menschen von außerhalb des Landkreises deshalb nun dauerhaft beschränkt. Um dem befürchteten Andrang am Osterwochenende zu begegnen, soll es an diesen Tagen nur noch Tests für Einheimische geben.
Tübingen testet seit Mitte März, ob mehr Öffnungsschritte mit möglichst flächendeckenden Tests umsetzbar sind, ohne dass die Zahl der Corona-Fälle deutlich zunimmt*. Menschen können sich in der Stadt kostenlos testen lassen, das Ergebnis wird bescheinigt. Mit dem Zertifikat können die als gesund getesteten Personen zum Beispiel in Mode-Läden einkaufen, zum Friseur oder auch ins Theater und in den Biergarten gehen. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte, das von der Stadt aufgebaute System regelmäßiger Testungen in Betrieben, Schulen, Kitas und das leistungsfähige Netz von Teststationen funktioniere. Das Modellprojekt wurde zuletzt bis zum 18. April verlängert.
Ungeachtet dessen steigt im Landkreis Tübingen das Infektionsgeschehen im Zuge der Ausbreitung der ansteckenderen Varianten des Coronavirus. Laut Robert Koch-Institut beträgt dieser Wert am Dienstag (30. März) 104,1. Steigt in Kreisen die Inzidenz an drei Tagen in Folge über den Wert von 100, müssen diese eine sogenannte Notbremse ziehen und Lockerungen für Handel und Freizeit zurücknehmen. Auch eine nächtliche Ausgangsbeschränkung kann in diesem Fall verhängt werden.
Update vom 24. März: Mit einem digitalen Tagesticket will Tübingen die Nachprüfbarkeit von Corona-Schnelltests vereinfachen. Wer sich an einer der insgesamt neun Stationen im Stadtgebiet testen lasse, bekomme künftig ein Armband mit einem QR-Code, wie die Stadt mitgeteilt hat. Das Armband könne nicht weitergegeben werden. Tagestickets auf Papier würden zwar weiter akzeptiert, sollten aber zur Ausnahme werden. „Das digitale Tagesticket schafft Sicherheit gegen Missbrauch und verkürzt die Wartezeiten. So machen wir Corona-sicheres Stadtleben komfortabler“, erklärt Oberbürgermeister Boris Palmer (48, Grüne).
Nach dem Schnelltest dauere es rund 20 Minuten, bis das Ergebnis da sei. Das Testergebnis erhalte man, indem man den QR-Code auf dem Armband mit dem Smartphone scanne und dadurch eine Webseite aufgerufen werde. Bei einem negativen Ergebnis könne man einkaufen gehen. Ist die Anzeige orange, müsse man sich noch ein wenig gedulden. Bei einem positiven Ergebnis müsse der Betroffene sofort zurück zur Teststation, um sich die nächsten Schritte erklären zu lassen. Für den Einzelhandel, Kultur und die Gastronomie bringe das neue System keinen zusätzlichen Aufwand mit sich. Der QR-Code könne mit jedem gängigen Smartphone gescannt werden, ein spezielles Lesegerät sei nicht nötig.
Update vom 23. März: Seit etwa einer Woche fungiert die Stadt Tübingen als Modellprojekt für mehr Öffnungsschritte in Corona-Zeiten. Laut einem Zwischenbericht von Oberbürgermeister Boris Palmer, der Pandemiebeauftragten Lisa Federle und dem Infektiologen Peter Kremsner an das Sozialministerium falle das Zwischenfazit des Projekts „Öffnen mit Sicherheit“ positiv aus und es werde empfohlen, das Test-Modell weiterzuführen. Die Projektphase soll bis zum 4. April gehen. So seien an den Teststationen des Deutschen Roten Kreuzes und privater Partner 29.473 Tests durchgeführt worden – mit 75 positiven Fällen.
Bei den Ergebnissen ist es wohl aber zu einem Fehler gekommen. Rund 40 positive Schnelltests hätten sich bislang als falsch erwiesen. Die Stadt Tübingen geht eher von insgesamt knapp 30 Infektionsfällen aus, die auch durch einen PCR-Test bestätigt worden sind. Die falsch positiven Tests kämen von einigen Teststationen im freien. Die niedrigen Außentemperaturen hätten einen Einfluss auf die Zuverlässigkeit der Tests.
Das Projekt gilt bislang trotzdem als Erfolg. „Es zeigt sich wieder, dass man mit präventiven Tests die Menschen findet, die andere anstecken, ohne es selbst zu wissen“, sagt Lisa Federle. Die Ausbreitung des Virus werde durch das Modellprojekt erheblich
gebremst
Erstmeldung vom 16. März: Das Coronavirus und seine Mutationen wüten weiter in Baden-Württemberg, die Zahlen steigen und gerade einmal eine Woche nach den in Kraft getretenen Lockerungen müssen bereits fünf Kreise die Notbremse ziehen – hier liegt die Inzidenz bereits wieder über dem Wert von 100. Doch in Tübingen sieht die Welt ganz anders aus, denn in der 89.000-Einwohner-Stadt wird nicht geschlossen, sondern allen Pandemie-Entwicklungen zum Trotz immer mehr geöffnet, wie HEIDELBERG24* berichtet. Aber wie ist das möglich?
Mit dem Modellprojekt „Öffnen mit Sicherheit“ will das Land Baden-Württemberg gemeinsam mit der Stadt Tübingen ab Dienstag (16. März) neue Wege im Umgang mit der Corona-Pandemie proben, für diesen Schritt neue Öffnungsschritte testen. Mit der breiten Verfügbarkeit von relativ einfach durchzuführenden Schnelltests eröffnen sich nun neue Möglichkeiten für Öffnungen – und das unter der Bedingung, dass dabei keine unverantwortlichen Risiken eingegangen werden müssen.
Gerade in Zeiten von schwindelerregenden Inzidenzen will Baden-Württemberg mit dem Modellprojekt in Tübingen Erfahrungen für das ganze Land sammeln, ob durch den intensiven Einsatz von Schnelltests auch zusätzliche Öffnungen möglich und umsetzbar sind, ohne jedoch einen negativen Effekt auf das Infektionsgeschehen nach sich zu ziehen. Unter dem Titel „Öffnen mit Sicherheit“ startet das Projekt am 16. März, soll bis zum 4. April gehen.
Das Projekt soll durch das engmaschige Testen – auch in Bereichen, in denen eigentlich kein Schnelltest notwendig wäre – für zusätzliche Sicherheit sorgen.
„Wir bedanken uns beim Land für die Chance, gemeinsam mit der engagierten Bürgerschaft auszutesten, wie eine Stadt sicher geöffnet werden kann. Das ist ein weiterer Schritt auf dem Tübinger Weg, die Pandemie durch präventives Testen unter Kontrolle zu bringen“, freut sich Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der das Politprojekt mit der Tübinger Pandemie-Beauftragten Dr. Lisa Federle in Abstimmung mit dem Land entwickelt hat – und fügt hinzu: „Der Handel in Tübingen hat die Testpflicht akzeptiert und ermöglicht damit, dass Kultur und Gastronomie öffnen können. Das ist gelebte Solidarität.“
Diese Regeln gelten ab dem 16. März in Tübingen:
Das Modellprojekt wird durch die Universität Tübingen wissenschaftlich begleitet, um konkrete Handlungsempfehlungen für andere Regionen und das Land Baden-Württemberg abzuleiten.
„Das sind genau die innovativen Ideen, die wir in der Pandemie dringend brauchen“, befürwortet Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Pilotprojekt „Öffnen mit Sicherheit“.
Wir erhoffen uns von dem Projekt, dass wir damit einen Weg finden, den Menschen etwas mehr Normalität zu ermöglichen.
Durch das Pilotprojekt in Tübingen eröffne man vor allem den Branchen, die besonders hart vom Lockdown getroffen wurden, neue Perspektiven – und das, ohne Abstriche bei der Sicherheit machen zu müssen. Mit „Öffnen mit Sicherheit“ wolle das Land Baden-Württemberg einen innovativen Weg einschlagen und testen, ob die Idee vom Öffnen auch praktisch umsetzbar sei.
Die Universitätsstadt Tübingen hat mit dem Einsatz von präventiven Tests in Altenheimen und bei der Allgemeinbevölkerung in der Pandemie viel Erfahrung gesammelt und positive Resultate erzielt. „Aufgrund der in Tübingen bereits umfangreich gesammelten Vorerfahrungen, der damit verbundenen Vorarbeiten und der somit sehr kurzfristigen Umsetzbarkeit wird das skizzierte Konzept zunächst in der Universitätsstadt Tübingen getestet“, heißt es von Landesseite. Tübingens OB glaubt daran, die Infektionszahlen durch die massiven Testungen sogar im besten Falle senken zu können.
Derzeit geht man von einem täglichen Bedarf von zu Beginn 10.000 Test pro Tag aus – bei Testungen an 6 Tagen pro Woche ergibt sich ein Bedarf von 180.000 Tests, mit Puffer rechnet man mit insgesamt 250.000 Tests. Die an den Teststationen durchgeführten Tests sollen nach der Testverordnung des Bundes finanziert werden können.
Die Universitätsstadt Tübingen und der Landkreis Tübingen stellen dabei sicher, dass jedes positive Schnelltestergebnis umgehend per PCR-Test überprüft wird. (rob) *HEIDELBERG24, bw24 und echo24 sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.