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„Schlag ins Gesicht“ – Kritik an Würzners Plan für Heidelberg als Kulturhauptstadt

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Von: Florian Römer

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Heidelberg - Eine eigene Stabsstelle soll die Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt voranbringen. Für sein Vorgehen erntet OB Würzner Kritik aus dem Gemeinderat:

Peter Spuhler soll die Bewerbung von Heidelberg als Europäische Kulturhauptstadt voranbringen. Dafür wurde im OB-Dezernat der Stadt eigens eine Stabsstelle geschaffen. Spuhler (58) war von 2005 bis 2011 Intendant des Theaters Heidelberg. Kultur in Heidelberg ist für Oberbürgermeister Eckart Würzner Motor der Stadt- und Quartiersentwicklung. Die Bennenung einer Europäischen Kulturhauptstadt ist für Deutschland zwar frühestens 2034 wieder möglich, dennoch verspricht sich das Stadtoberhaupt mit der Maßnahme die Freisetzung weiterer Potenziale. Aus dem Gemeinderat wird aber Kritik am Vorgehen Würzners laut.

„Schlag ins Gesicht“ – Kritik an Würzners Plan für Heidelberg als Kulturhauptstadt

Die SPD-Fraktion zeigt sich ob der „Prioritätensetzung des Oberbürgermeisters sehr irritiert“. Aufgrund von Personalmangel, Krankenstand und langsamen Verfahren sei die Verwaltung nicht in der Lage ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen, heißt es in einer Mitteilung der Sozialdemokraten. „Viele Ämter sind personell am Anschlag. Ihre tatsächlichen personellen Bedarfe, die sie bei der Verwaltungsspitze anmelden, werden ihnen aber nicht genehmigt mit dem Verweis, dafür ist kein Geld da“, ärgert sich die SPD-Fraktionsvorsitzende und Haushaltssprecherin Anke Schuster.

Dass Oberbürgermeister Würzner trotz angespannter Personalsituation mit der Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt „ein Prestigeprojekt“ ausrufe und umgehend mit einer zusätzlichen Stelle und Finanzmitteln ausstatte, müsse sich für viele Mitarbeiter der Stadtverwaltung als „Schlag ins Gesicht“ anfühlen. Statt des „nice-to-have-Projekts“ Kulturhauptstadt solle die Rathausspitze lieber mit personeller Verstärkung in den betroffenen Ämtern um „alle Pflichtaufgaben und dringend notwendigen Projekte“ kümmern.

Peter Spuhler (l.) mit Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner. Spuhler soll Heidelbergs Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt voranbringen.
Peter Spuhler (l.) soll Heidelbergs Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt voranbringen. © Oliver Matlok/Stadt Heidelberg

Statt Prestigeprojekt Kulturhauptstadt – SPD fordert Konzentration aufs Wesentliche

Würzner müsse „endlich dafür sorgen, dass Prozesse optimiert werden und die Mitarbeiter bestmögliche Arbeitsbedingungen vorfinden, damit Heidelberg im Kampf um die besten Köpfe nicht noch weiter gegenüber der restlichen Metropolregion ins Hintertreffen gerät. Aufgrund unterdurchschnittlicher Personaldichte und ständig wachsender Aufgaben würden immer mehr Verwaltungsangestellte abwandern, mahnen die Sozialdemokraten.

Gerade deshalb erwartet die SPD-Fraktion von Herrn Würzner, dass er sich mit vollem Elan auf die notwendigen Dinge konzentriert: Stellen schaffen, wo sie dringend gebraucht werden, Prozesse effektiver gestalten und die Verwaltung zukunftsfähig machen.

Statement der SPD-Fraktion Heidelberg

Stadträte zu Kulturhauptstadt: „Unabgesprochener Alleingang kein guter Start“

Die Gemeinderatsfraktionen der Grünen, der Linke und GAL und Einzelstadträte von Bunte Linke, sowie Waseem Butt (HiB) und Björn Leuzinger (Die Partei) begrüßen das Ziel, die Heidelberger Kultur und ihre Akteure zu stärken, besser auszustatten und international sichtbarer zu machen. Ob das Vorhaben, sich als Kulturhauptstadt zu bewerben, dazu geeignet ist, müsse man noch bewerten. „Wir kritisieren, dass dies bisher nicht der Fall ist und der Gemeinderat stattdessen über eine Pressemitteilung von der geplanten Umsetzung des Vorhabens und der Personalentscheidung erfahren hat“, heißt es in einem gemeinsamen Statement.

An einer Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt seien „auch andere Städte mit bedeutender Kulturszene bereits gescheitert“, warnen die Stadträte. Sie erfordere Teamplay und Transparenz. „Im Hinblick darauf hat der Oberbürgermeister mit seinem unabgesprochenen Alleingang dem Projekt keinen guten Start beschert.“ Die Stadträte zeigen sich zudem vom Zeitpunkt irritiert – in wenigen Tagen läuft die Ausschreibungsfrist für das Amt des Kulturdezernenten ab.

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Dabei könne sich Deutschland ohnehin erst Mitte des nächsten Jahrzehnts wieder für den Titel bewerben. „Auch wenn es Sinn macht, für die Vorbereitung ausreichend Vorlauf einzuplanen, ist eine Vorbereitungszeit von mehr als zehn Jahren nicht nur unüblich – sie hätte auch ausreichend Zeit gelassen, die zuständigen Gremien einzubeziehen und die Besetzung des Kulturdezernats abzuwarten. Ein solcher Schnellschuss zum jetzigen Zeitpunkt ist kein guter Stil und eine relevante Belastung für das Projekt.“

CDU will Würzners Kulturhauptstadt-Idee als Chance begreifen

„Anstatt über das Vorhaben zu meckern, sollten wir eine mögliche Bewerbung als große Chance begreifen“, findet Jan Gradel. „Das Thema Kulturhauptstadt Europas ist ein Stadtentwicklungsthema, das für die Zukunft Heidelbergs wichtige Impulse geben kann“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende. Noch sei nicht absehbar, was Kosten und Nutzen für die Stadt seien. Das gelte es für den Gemeinderat zusammenzutragen. Der Prozess werde ohnehin zwei Jahre dauern und dann könne sich das Stadtparlament immer noch gegen eine Bewerbung entscheiden.

Die Kritik an Würzner will Gradel indes so nicht stehen lassen. Immerhin habe es im Vorfeld ein Treffen mit den Fraktionsvorsitzenden gegeben, in dem der Rathauschef seine Pläne darlegte, Peter Spuhler einsetzen zu wollen. Da habe niemand der Anwesenden widersprochen, erinnert sich Gradel. „Wenn der OB der Meinung ist, dass das Vorhaben Aussicht auf Erfolg hat, muss er jemanden einsetzen, der die Kompetenz mitbringt.“

„Wenn wir jemanden haben wie Peter Spuhler, wird etwas übrig bleiben“, ist sich Gradel sicher. So wie die Bewerbung zur digitalen Hauptstadt Deutschlands im Rahmen der Bitkom 2017 viele Ideen und Konzepte in der Stadt hervorgebracht hat, die im Anschluss umgesetzt wurden, könne es auch im Nachgang an eine Kulturhauptstadt-Bewerbung laufen. (rmx)

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