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Heidelberg: „Fauler Pelz“-Zoff eskaliert ‒ Land geht auf Konfrontationskurs

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Von: Daniel Hagen

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Heidelberg - Stadt und Land liegen bei der Nutzung des „Faulen Pelz“ über Kreuz: Wird im ehemaligen Frauen-Knast bald geforscht und gelehrt ‒ oder sitzen psychisch Kranke ein?

Update vom 21. Dezember: Nächste Runde im Streit um das ehemalige Frauengefängnis „Fauler Pelz“ in Heidelberg: Nachdem OB Würzner die Pläne des Sozialministeriums kritisiert hat, im leerstehenden Gebäude übergangsweise wieder Straftäter einsitzen zu lassen, kommt die prompte Antwort aus Stuttgart. Das Sozialministerium will die Zwischennutzung des „Faulen Pelz“ für etwa drei Jahre vertraglich absichern: „Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner irrt, wenn er sagt, dass wir nach der vereinbarten Dauer nicht aus den Gebäuden rausgehen“, sagte Amtschef Uwe Lahl der dpa am Montag (20. Dezember).

Mit Blick auf massive Umbauten fürchtet Würzner eine dauerhafte Unterbringung psychisch kranker Straftäter in der Altstadt. Wenn eine zweistellige Millionensumme investiert werde, werde aus einer Zwischen- schnell eine Dauerlösung, hatte Würzner (parteilos) der „Rhein-Neckar-Zeitung“ gesagt. Laut Ministerium stehen elf Millionen Euro bereit, um den Komplex im Eigentum des Landes Baden-Württemberg zu modernisieren.

Das Gefängnis „Fauler Pelz“
Wird das Gefängnis „Fauler Pelz“ wieder in Betrieb genommen? (Archivfoto) © HEIDELBERG24/Uli Hillenbrand

„Fauler Pelz“ in Heidelberg: Handwerker im Januar, Gefangene im August?

Für eine Dauernutzung ist der „Faule Pelz“ nach Lahls Worten gar nicht geeignet. Die Atmosphäre erinnere an das berüchtigte US-Gefängnis Alcatraz und sei nicht ideal für die Gesundung psychisch Kranker. Die Räumlichkeiten bildeten eine Notunterkunft für maximal 100 Menschen, deren Insassen sie wieder verlassen, sobald andere Kapazitäten in Schwäbisch Hall und Winnenden geschaffen worden seien. Eine als Friedensangebot gedachte Bauvoranfrage des Landes an die Stadt sei vom Oberbürgermeister abgelehnt und daraufhin vom Land zurückgezogen worden. Lahl: „Wir machen jetzt unser Ding.“ Die nötigen Arbeiten für zeitgemäße Heizungen oder Duschen könnten im Zuge der Bestandschutzes vorgenommen werden. „Anfang Januar gehen die Handwerker rein.“ Im August 2022 würden dann die ersten Patienten einziehen.

Lahl betonte, obwohl die Kapazitäten im baden-württembergischen Maßregelvollzug seit 2017 um 24 Prozent gesteigert worden seien, könnten etliche Menschen nicht innerhalb der von der Rechtsprechung anerkannten Frist aufgenommen werden. Die Folge sei, dass Straftäter auf freien Fuß gesetzt würden. zudem bedauerte der Amtschef des Sozialministeriums, dass die Stadt auch eine „Paketlösung“ nicht habe akzeptieren wollen. Denn diese brauche für die angestrebte Dauernutzung durch die Universität die Unterstützung des Eigentümers, „Es gibt dafür weder eine Planung noch eine Finanzierung das alles kann ich anbieten.“ Ohne Annäherung könnten die Kontrahenten vor dem Kadi landen. (dpa/rmx)

„Fauler Pelz“ in Heidelberg: OB Würzner gegen Maßregelvollzug ‒ „Vollkommen ungeeignet“

Update vom 20. Dezember: Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner (parteilos) sträubt sich weiter gegen Pläne des Sozialministeriums, im Ex-Frauenknast einen Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter einzurichten. „Der ‚Faule Pelz‘ ist für die Unterbringung kranker Menschen, die intensive medizinische Betreuung brauchen, vollkommen ungeeignet“, so Würzner gegenüber der „Rhein-Neckar-Zeitung (Montag).

Das Argument des Landes, es handle sich um eine kurzfristige Lösung, erkennt Würzner nicht an. „Klar. Genauso kurzfristig wie das Ankunftszentrum. Wie soll das denn eine kurzfristige Lösung sein? Es bräuchte massive Umbauten. Allein baurechtlich würde das alles lange dauern.“ Wenn eine zweistellige Millionensumme investiert werden müsse, werde aus einer Zwischen- schnell eine Dauerlösung. „So war es ja beim Ankunftszentrum auch. Es sollte für einen Winter kommen und ist jetzt eine Dauereinrichtung. Das Land kann nicht viel Geld investieren und dann nach wenigen Jahren alles wieder abbauen“, sagte Würzner.

Neben Heidelberg hatte Sozialminister Manne Lucha (Grüne) weitere Standorte in Winnenden und Schwäbisch Hall ins Auge gefasst. Die Gerichte weisen laut Lucha seit 2018 immer mehr Straftäter vor allem in die Entziehungsanstalten für Suchtkranke ein. Obwohl die Kapazitäten in den baden-württembergischen Kliniken seit 2017 um 24 Prozent gesteigert worden seien, könnten nicht mehr Menschen innerhalb der von der Rechtsprechung anerkannten Frist aufgenommen werden. Die Folge sei, dass Straftäter auf freien Fuß gesetzt würden.

„Fauler Pelz“ in Heidelberg: Ministerium droht mit Klage, OB Würzner irritiert!

Update vom 19. November, 9:31 Uhr: Das Stuttgarter Sozialministerium hat in einem Brief an den Heidelberger Gemeinderat sein Vorhaben unterstrichen, im stillgelegten Gefängnis „Fauler Pelz“ in der Heidelberger Altstadt einen Maßregelvollzug für psychisch kranke und suchtkranke Straftäter einzurichten. Und der Ton wird deutlich rauher zwischen Stuttgart und Heidelberg! Denn in dem Schreiben kündigt der Amtschef des Ministeriums an, „dass wir eine abschlägige Baugenehmigung nicht hinnehmen könnten und in diesem Fall den Rechtsweg beschreiten müssten“.

Dazu erklärt jetzt Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner (parteilos): „Ich finde es schon sehr irritierend, dass ein Ministerium eine Klage androht, falls ein Rechtsverfahren nicht in seinem Sinne entschieden wird. Nach meinem Verständnis sollte auch eine Regierungsbehörde erstmal den Abschluss eines Verfahrens abwarten, bevor sie dessen Rechtmäßigkeit öffentlich in Frage stellt.“

Heidelbergs Oberbürgerbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner (parteilos).
Heidelbergs OB Prof. Dr. Eckart Würzner. © HEIDELBERG24

Die Stadtspitze habe unabhängig vom Ergebnis der baurechtlichen Prüfung bezüglich des Faulen Pelz einen klaren politischen Konsens in Heidelberg: „Wir halten die Unterbringung therapiebedürftiger Straftäter mitten in der Altstadt, in einem stillgelegten Gefängnis aus dem 19. Jahrhundert, sowohl für die angestrebte Entwicklung unserer Universität und der Altstadt wie auch für die Insassen für nicht geeignet“, wird Würzner deutlich. Deshalb wolle der OB das weitere Vorgehen mit dem Gemeinderat besprechen.

„Fauler Pelz“ in Heidelberg: „Passt nicht zur Entwicklung“ – OB Würzner mit klaren Worten

Update vom 16. November, 15:50 Uhr: Noch ist völlig unklar, ob der „Faule Pelz“ wirklich für den Maßregelvollzug eingesetzt werden wird. Trotzdem machen der Gemeinderat und die Stadtspitze von Heidelberg klar, wie sie zu dem Vorschlag von Manne Lucha stehen. „Die Universität benötigt den Faulen Pelz dringend für ihre Bedarfe. Das ist eine Nutzung, die sich optimal in unsere Altstadt fügt. Damit wird das Areal für alle Bürgerinnen und Bürger zugängig. Eine Reaktivierung als Gefängnis für psychisch kranke und suchtkranke Verurteilte passt dagegen überhaupt nicht zur Entwicklung unserer Altstadt“, sagt Oberbürgermeister Eckart Würzner.

Der 60-Jährige habe seine kritische Haltung gegenüber dem zuständigen Ministerium bereits deutlich gemacht und freue sich zudem, dass die Fraktionen des Heidelberger Gemeinderats hinter ihm stehen. Das werde Würzner auch gegenüber dem Land Baden-Württemberg noch einmal verdeutlichen.

„Fauler Pelz“ in Heidelberg: Mitte 2022 wieder 100 Gefangene in der Altstadt?

Erstmeldung: Als der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha Anfang Oktober von einer Wiederinbetriebnahme des ehemaligen Gefängnisses „Fauler Pelz“ in Heidelberg spricht, ist die Aufregung in der Stadt groß. Das Gebäude, das bis 2015 als Außenstelle der JVA Mannheim genutzt worden ist, steht schon seit Jahren leer und sollte eigentlich von der Uni Heidelberg genutzt werden. Der Vorschlag des Ministers kommt aus heiterem Himmel und hat mit dem Ausbruch von vier Straftätern aus der Psychiatrie ins Weinsberg zu tun. Wenn es nach dem 60-Jährigen geht, sollen in Zukunft Insassen des Maßregelvollzugs auch in der Altstadt einsitzen. Ab Mitte 2022 könnten dann bis zu 100 psychisch kranke oder suchtkranke Menschen im „Faulen Pelz“ untergebracht werden.

StadtHeidelberg (Baden-Württemberg)
Einwohnerzahl158.741 (Stand: 31. Dezember 2020)
Fläche108,84 km²
OberbürgermeisterProf. Dr. Eckart Würzner (parteilos)

Heidelberg: Land stellt Anfrage – Wird der „Faule Pelz“ wieder in Betrieb genommen?

Mittlerweile sind mehrere Wochen seit dem Vorschlag vergangen. Am Donnerstagabend (11. November) geht bei der Stadtverwaltung plötzlich eine Bauvoranfrage ein. Durch diese soll geklärt werden, ob der „Faule Pelz“ in der Heidelberger Altstadt überhaupt als Standort für Häftlinge infrage kommt – sehr zum Unmut der Stadträte! „Die Zwischennutzung soll zwar auf 3 Jahre begrenzt werden. Dennoch sind die unterzeichnenden Fraktionen und Gruppierungen im Heidelberger Gemeinderat der Auffassung, dass dies eine qualitätvolle Stadtentwicklung im traditionellsten Stadtteil Heidelbergs behindern würde, und stellen sich gemeinsam dagegen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Stadträte. Das Gebäude sollte eher von der Ruprecht-Karls-Universität genutzt werden.

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Wir als die Akteure der Heidelberger Kommunalpolitik werden uns mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Anlage „Fauler Pelz“ in jedem Fall eine für alle Heidelberger zugängliche Freifläche mit hoher Aufenthaltsqualität neben einer universitären Nachnutzung des Gebäudes beinhalten wird“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung von B90/Grüne, CDU, SPD, Heidelberger, GAL/FW, Linke, FDP, Bunte Linke und Stadtrat Waseem Butt weiter. Die Planungshoheit liege bei der Stadt und damit auch dem Gemeinderat.

Nach Anfrage – Stadt Heidelberg prüft Verwendung von „Fauler Pelz“

Doch was bedeutet eine sogenannte Bauvoranfrage überhaupt? Steht damit schon fest, dass der „Faule Pelz“ wieder in Betrieb genommen wird? Dem widerspricht ein Sprecher der Stadt Heidelberg auf HEIDELBERG24-Anfrage entschieden. Es handele sich eher um eine Anfrage des Landes, ob es überhaupt eine „grundsätzliche Möglichkeit“ gebe, das Gebäude wieder als Gefängnis zu nutzen. Dieser Frage müsse die Baurechtsbehörde nun nachgehen und anschließend einen Bauvorbescheid zurückschicken. Wie lange das dauern wird, lasse sich derzeit aber noch nicht abschätzen. Möglicherweise zeigt sich dabei sogar, dass das Gebäude, das in den Jahren 1847/48 gebaut worden ist, überhaupt nicht mehr als Gefängnis infrage kommt.

Unabhängig von der baurechtlichen Prüfung ist die Stadt Heidelberg grundsätzlich der Ansicht, dass das Areal städtebaulich geöffnet und für urbane Nutzungen zur Verfügung stehen soll. Eine Nutzung durch die Universität Heidelberg ist auch in Planung, ein entsprechender Bauvorbescheid wurde bereits 2017 erteilt und Anfang 2021 aktualisiert“, erklärt zudem ein Sprecher der Stadt Heidelberg. (pm/dpa/dh)

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