1. Heidelberg24
  2. Heidelberg

Bewältigungsprozesse nach sexualisierter Gewalt – Frauennotruf Heidelberg ergründet

Erstellt:

Von: Madlen Trefzer

Kommentare

Heidelberg - Um sexualisierte Gewalt zu bewältigen, braucht es einige Faktoren. Eine Fachkraft für Prävention und Intervention bei sexuellem Missbrauch präsentiert ihre Studienergebnisse:

Isabelle Braun spricht im Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) in Heidelberg über Bewältigungsprozesse betroffener Frauen nach sexualisierter Gewalt. Sie ist Soziologin und Fachkraft für Prävention und Intervention bei sexuellem Missbrauch. Anlässlich ihrer Masterarbeit führt sie eine Studie mit Betroffenen durch und präsentiert ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit.

VereinFrauennotruf gegen sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen
StandortHeidelberg
Telefon+49 (0) 6221 - 183 643

Sexualisierte Gewalt gegen Frauen: Deshalb sollte sie als Triade angesehen werden

Doch was ist sexualisierte Gewalt? Diese Frage sollte kein Tabu mehr sein. Schließlich handelt es sich um sexuelle Handlungen, die gegen den Willen und die sexuelle Selbstbestimmung einer Person eingefordert werden. Sowohl körperlich als auch verbal. Sexualisierte Gewalt hat viele Facetten. Das zeigt uns auch Sandra Norak, als sie über ihren Weg in die Prostitution erzählt.

Laut Isabelle Braun sollte sexuelle Gewalt unbedingt als Triade angesehen werden. Täter, Opfer und Dritte – also Zeugen oder auch Menschen, mit denen die betroffene Person nach der Tat spricht. Dritte seien enorm wichtig, um Gewalt als solche zu identifizieren und zu bewerten – erst dann kann der notwendige Prozess der Viktimisierung stattfinden. Das bedeutet soviel wie anzuerkennen, dass man Opfer einer Gewalttat wurde, um sie anschließend zu bewältigen.

Isabelle Braun in der Bibliothek des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Heidelberg
Isabelle Braun – Soziologin und Fachkraft für Prävention und Intervention bei sexuellem Missbrauch. Sie wendet sich an die Öffentlichkeit, um für Frauen, die sexuelle Gewalt erlebt haben, zu sensibilisieren. © Madlen Trefzer/HEIDELBERG24

Folgen der Gewalttat: Wenn Frauen sexualisierte Gewalt erleben

Folgen der Gewalt überdauern den Moment der Gewaltausübung. Wenn ein sexueller Übergriff auch nur wenige Minuten dauern kann, können sich die Folgen dessen Jahrzehnte lang in der Psyche manifestieren und großen Schaden anrichten. Es ist also wichtig, sich den Bewältigungsprozess genauer anzusehen. Hierbei spielen private und professionelle Dritte die entscheidende Rolle – also Familie und Freundinnen sowie Ärzte und Therapeuten. 

Wenn die ersten Personen, an die sich Betroffene wenden, ihnen keinen Glauben schenken, kann das den Boden unter den Füßen wegziehen. Das hat zur Folge, dass die Betroffenen oftmals nicht mehr in der Lage sind, sich in diesem Themengebiet weiter zu informieren und mit den psychischen Folgen des sexuellen Übergriffs alleine sind. Der Frauennotruf gegen sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen e.V. Heidelberg, der den öffentlichen Auftritt von Isabelle Braun unterstützt, kennt solche Fälle.

Hilfe bei sexualisierter Gewalt gegen Frauen: Das macht der Frauennotruf Heidelberg

„Die meisten Frauen, die zu uns kommen, haben einen Leidensdruck. Oft versuchen sie mit der Situation selbst fertig zu werden und wenden sich erst dann an uns, wenn es nicht mehr weiter geht – wenn der Alltag nicht mehr zu bewältigen ist“, so eine Beraterin des Frauennotrufs. Die Arbeit des Frauennotrufs umfasst Aufgaben wie professionelle und spezialisierte Begleitung, Verortung der Erlebnisse, Stabilisierung, Psychoedukation, Krisenintervention, Stärkung der Selbstwirksamkeit und Parteilichkeit. 

Die Beraterinnen und Psychologinnen des Frauennotrufs die wir bei ihrer Ausstellung im Darmstädter Hof kennengelernt haben, sind für alle Menschen da, die über das Thema sexualisierte Gewalt sprechen wollen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Gewaltakt gegen sie selbst oder gegen ihre Töchter, Mütter, Schwestern, Freundinnen oder Ehefrauen gerichtet war. Die Kompetenzen des Vereines sind allumfassend und greifen sogar dort auf, wo Therapeuten nicht mehr weiter wissen. 

Nach sexuellem Übergriff: Deshalb brechen Betroffene Therapie ab

Anhand Isabelle Brauns Studie soll es vermehrt dazu gekommen sein, dass Therapeuten zu einer weiteren Belastung bei Betroffenen führten. Entweder weil die Fachleute das Gesamtbild nicht sahen und sexuelle Gewalt als „Symptom“ behandelten, weil sie selbst betroffen waren und daher nicht darüber sprechen konnten oder sie sich nicht mit sexualisierter Gewalt und Trauma auskannten. Letzten Endes hätten einige Betroffene die Therapie abgebrochen. 

Aus diesem Grund sind private Dritte um so wichtiger. Vertraut sich Dir eine Betroffene an, war es sicherlich kein einfacher Schritt für sie. Deshalb solltest Du unbedingt folgendes tun: Erkenne das Gewalterleben an. Unterstütze sie. Und vermittle sie weiter an professionelle Dritte. Hier kommst Du zur Website des Frauennotrufs Heidelberg.

Das kannst Du tun, wenn jemand aus Deinem engen Kreis sexualisierte Gewalt erfahren hat

Wird betroffenen Frauen nicht abgesprochen, dass es sich um Gewalt handelt, fällt es ihnen einfacher, professionelle Hilfe zu suchen. Wird das jedoch abgestritten, erleben das Betroffene als erneuten Vertrauensbruch. Zur Folge können sich Traumata entwickeln. des Weiteren solltest Du Betroffene niemals zu rechtlichen Schritten drängen. Lass ihnen Zeit und die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wann und ob sie soweit sind. 

Übrigens: Unser HEIDELBERG24-Newsletter informiert Dich regelmäßig über alles Wichtige, was in Deiner Stadt und Region passiert.

Betroffene müssen immer wieder Trennungen und Kontaktabbrüche befürchten. Vor allem, wenn die Tat innerhalb der Familie stattfand und andere Familienmitglieder es ihnen nicht glaubten oder sich auf die Seite des Täters stellen. Deshalb solltest Du ihr deutlich machen, dass Du für sie da bist.

Bewältigungsprozesse nach sexualisierter Gewalt an Frauen

Diverse Bewältigungsprozesse finden bei Betroffenen statt – jede hat dabei ganz individuelle Bedürfnisse. Eine Beraterin aus dem Publikum merkt an: „Manchmal ist Zuhören einfach das, was Betroffene brauchen“. Nicht unbedingt sofort nach der Lösung suchen. Geduld und ein offenes Ohr sind eine große Hilfe. (mad)

Auch interessant

Kommentare