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Tierisches Gänse-Problem in Heidelberg – Jagd auf Neckarwiese nicht möglich

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Von: Florian Römer

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Heidelberg - Scharen von Gänsen bevölkern immer wieder die Neckarwiese und sorgen mit ihren Hinterlassenschaften für Ärger. Was die Stadt dagegen tun kann und was nicht:

Immer wieder sorgen Gänse auf der Neckarwiese in Heidelberg für Ärger. Besonders die Hinterlassenschaften des Federviehs stoßen den Nutzern des Neckarvorlands sauer auf. Viele fühlen sich durch den Gänsekot in ihren Freizeitaktivitäten auf der Wiese eingeschränkt. Deshalb informiert die Stadt darüber, welche Maßnahmen sie gegen die Kurzschnabel-, Schwanen-, Nil- und Kanadagans-Populationen in Heidelberg ergreifen kann.

Tierisches Gänse-Problem in Heidelberg – Jagd auf Neckarwiese nicht möglich

Auf der Neckarwiese leben vier verschiedene Gänsearten. Neben der Schwanengans, die schon seit vielen Jahren in Heidelberg vorkommt, leben hier einige wenige Kurzschnabelgänse sowie Nil- und Kanadagänse. Die Besonderheit der Schwanengans liegt darin, dass sie zwar in Heidelberg häufig vorkommt, landesweit betrachtet aber als gefährdete Art eingestuft ist und daher nicht bejagt werden darf.

Der Bestand an Nil- und Kanadagänsen hat in Deutschland in den vergangenen Jahren hingegen massiv zugenommen. Beide Arten unterliegen dem Jagdrecht und werden in den umliegenden Revieren im Rahmen der Möglichkeiten verstärkt bejagt. Die Jagd ist in der Zeit vom 1. August bis zum 15. Februar zulässig. Bei der Nilgans als invasive Art dürfen Jungtiere über das ganze Jahr hinweg auch außerhalb der Schonzeit bejagt werden. Auf der Neckarwiese selbst ist die Jagd aber aufgrund der möglichen Gefährdung von Personen grundsätzlich nicht möglich. 

Die Gänse auf der Neckarwiese in Heidelberg empfinden viele Anwohner als Ärgernis.
Die Gänse auf der Neckarwiese empfinden viele Anwohner als Ärgernis. © Fabienne Schimbeno/HEIDELBERG24

Ärger um Gänse in Heidelberg – was die Stadt unternimmt

Zur Säuberung der Wiese wird eine Spezialkehrmaschine eingesetzt, die in der Lage ist, neben Glasscherben, Kronkorken und Zigarettenkippen auch Gänsekot aufzunehmen. Damit beim Einsatz der Maschine die Grasnarbe nicht zerstört wird, muss der Boden vollständig trocken sein. Deshalb wird die Maschine zwischen Oktober und März fast nicht genutzt. Unter guten Voraussetzungen dauert ein Reinigungsdurchgang etwa drei Arbeitstage. 

Im rechtlich zulässigen Rahmen greift die Stadt auf unterschiedliche Maßnahmen zurück, um der Gänseproblematik Herr zu werden. So will man Jagdpächter der angrenzenden Feldjagdreviere dazu animieren, die Tiere im Rahmen der Möglichkeiten verstärkt zu bejagen. Außerdem soll das Naturschutzgebiet „Unterer Neckar“ mittels einer Drohne mit Wärmebildtechnik auf Gelege abgesucht werden, um zu überprüfen, ob dort weitere Gelegeeingriffe sinnvoll sind. Dem müssen aber noch das Regierungspräsidium und die Untere Naturschutzbehörde zustimmen.

Eierschütteln und Fütterungsverbot – Neckarwiese dennoch „Idealbiotop“ für Gänse

Zudem führt das Landschafts- und Forstamt gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft, Umweltschutzorganisationen und Naturschutzbeauftragten immer wieder Monitoring-Aktionen durch. Dabei wird in Gelege eingegriffen und diese durch Schütteln unfruchtbar gemacht. Damit will man den unkontrollierten Zuwachs der Tierart verhindern, ohne bereits geschlüpfte Küken oder erwachsene Tiere töten zu müssen.

2022 war das Team des Landschafts- und Forstamt im Zwei-Wochen-Takt auf die Liebesinsel gefahren, erzählte Amtsleiter Dr. Ernst Baader im Februar bei einem Termin zu den Gänsen auf der Neckarwiese. Bei den sechs Fahrten wurden über 400 Schwanenganseier entnommen. Bei dem Termin stellte Baader aber auch klar, dass die Neckarwiese als Habitat für die Gänse einfach zu gut sei: „Selbst wenn man die Hälfte der Population wegschießt, wird das Biotop nachbesetzt“, so auf der Neckarwiese Baader.

Landschaftsamtsleiter Dr. Ernst Baader (l.), mit der Wildtierbeauftragten Luisa Krauß (3.v.r.) und Stadtjäger Tim Wissutschek (2.v.r.) auf der Neckarwiese in Heidelberg.
Landschaftsamtsleiter Dr. Ernst Baader (l.), mit der Wildtierbeauftragten Luisa Krauß (3.v.r.) und Stadtjäger Tim Wissutschek (2.v.r.) auf der Neckarwiese. © Florian Römer/HEIDELBERG24

Denn: Am Neckarvorland finden Gänse ein „Idealbiotop“ vor: „Hier ist es flach, es gibt keine Fressfeinde, einen einfachen Zugang zum Wasser und reichlich Futter.“ Für Letzteres sorgen die menschlichen Nutzer der Neckarwiese übrigens auch selbst. Falsch verstandene Tierliebe bringe Menschen dazu, die Vögel zu füttern. Um das zu unterbinden, gilt auf der Neckarwiese schon länger ein Fütterungsverbot. Wer dagegen verstößt, muss mit Bußgeldern von 55 bis 75 Euro rechnen. 

Gänse in Heidelberg – Meinungen gehen bei Nutzern der Neckarwiese auseinander

Vor Ort berichtet uns ein älteres Ehepaar am Dienstag (4. April), dass sie früher gern auf der Wiese direkt am Wasser saßen. „Wegen dem Gänsedreck ist das jetzt aber nicht mehr möglich. Jetzt sitzen wir nur noch auf den Bänken.“ „Wo sind die Enten hin?“, fragt eine Anwohnerin der Neckarwiese: „Früher gab es hier eine bunte Mischung an Wasservögeln, jetzt sind nur noch die Gänse da. Die haben die anderen Tiere verdrängt.“ Irgendwie müsse man die Gänsepopulation in den Griff kriegen, „sonst ist die Nevckarwiese bald nur noch eine Gänsewiese“, meint die Anwohnerin. Bejagt sollten die Tiere aus ihrer Sicht allerdings nicht werden.

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„Die Gänse werden ja auch von Muttis mit ihren kleinen Kindern gefüttert“, ergänzt eine weitere Anwohnerin, die wegen des Gänsekots ebenfalls nicht mehr über die Wiese geht. „Das ist für mich eine Einschränkung.“ Haik ist aus Armenien für ein paar Wochen in Heidelberg: „Als Tourist finde ich das schön und meine Tochter freut sich, die Tiere zu füttern, aber ich kann den Ärger der Anwohner über den Gänsedreck nachvollziehen.“ Lea und Vanessa sind nur für einen Tag zu Besuch in der Unistadt am Neckar. „Uns sind die vielen Gänse hier aufgefallen, aber sie stören uns nicht.“ Bejagen oder Eierschütteln als Maßnahmen der Populationskontrolle halten die beiden Jugendlichen für „sehr grausam.“ (rmx)

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