Heidelberg: „Licht und Schatten“ bei Masterplan-Entwürfen ‒ Was geschieht mit Hühnerstein?

Heidelberg - Mit Spannung wurde die Vorstellung der Entwürfe für den Masterplan Neuenheimer Feld erwartet. Wie die Planer den Uni-Campus der Zukunft gestalten wollen:
Vor gut zwei Monaten haben die Planungsbüros Astoc (Köln) und Höger (Zürich) ihre Entwürfe für den Masterplan Neuenheimer Feld eingereicht. Am Donnerstag (23. September) stellten die Planer endlich ihre Entwürfe und Modelle für den Universitätscampus der Zukunft vor. In ihren Plänen setzen Astoc und Höger auf urbanes Flair entlang der Berliner Straße, einen Campus-Ring mit Straßenbahn und eine verkehrliche Erschließung des Areals im Norden.
Dass sich die in der Konsolidierungsphase eingereichten Entwürfe beider Teams mittlerweile „stark aneinander angenähert“ haben, wertet Heidelbergs Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck (CDU) als Zeichen, dass man „im Verfahren schon einen ziemlich weiten Weg voran gekommen“ sei. Für die weitere Arbeit könnten „beide Konzepte als Grundlage dienen“, sagte der Baubürgermeister nach der öffentlichen Vorstellung. Uni und Universitätsklinikum äußerten sich zunächst zurückhaltend zu den Entwürfen.
Stadt | Heidelberg |
Einwohnerzahl | 161.485 (2020) |
Fläche | 108,8 km² |
Oberbürgermeister | Prof. Dr. Eckart Würzner (parteilos) |
Heidelberg: Entwürfe für Masterplan Neuenheimer Feld vorgestellt
Mit ihrem Modell wollen Kerstin Höger und ihr Team ein „grünes, lebendiges Wissensviertel“ entstehen lassen, erklärte die Architektin bei der Präsentation. Der Campus wird dabei in mehrere Campusse aufgeteilt, die über einen Campus-Ring und ein „klares Wegenetz“ miteinander verbunden sind. An den Eingängen stellt sich Höger „Willkommenszentren“ vor. Baufelder seien frei bespielbar. Uni und Klinik hätten in dem Entwurf Raum, sich weiter zu entwickeln, meint die Architektin. Mit dem Campus Neuenheimer Feld wolle man einen „attraktiven Raum für alle Bürger der Stadt schaffen“.

Zum Fluss hin soll ein Boulevard und ein Neckaruferpark im Bereich der Alten Chirurgie entstehen, der als Begegnungsort für alle dienen kann. Eine „eher enge, urbane Bebauung entlang der Berliner Straße“ soll sich in Richtung Neckar zunehmend auflockern. Zwischen Berliner Straße und Campusmitte will Höger mit Freiflächen einen Forschergarten und einen Lernpark schaffen. Im Norden soll ein Sportpark den grünen Übergang zum Handschuhsheimer Feld und zur Natur bilden. Energie-, Wärme- und Kälteproduktion will das Team Höger intelligent steuern. Damit könne man 92 Prozent des Treibhausgases CO2 einsparen, rechnen die Planer vor.

Heidelberg: Starke Ähnlichkeit beider Masterplan-Entwürfe
Auch Team Astoc gliedert das Campus-Areal in seinen Plänen in Quartiere auf. Dabei setze man auf „maximal sechsgeschossige Gebäude“, so Sebastian Hermann bei der Vorstellung der Astoc-Entwürfe. In Heidelberg denkt man laut über eine Straßenbahn nach, die den neuen Stadtteil PHV mit der Stadt verbinden soll. Diese könne dann durch das Campus-Gelände Neuenheimer Feld bis zum Sportzentrum Nord führen, findet Hermann. Moderne Technik mache es möglich, dass die Bahn auch ohne Oberspannungsleitungen auf einem Ring durch den Campus fahren könne. Die Campusmitte wolle man „Autoarm“ halten. Dafür wolle man über den Campusring „für alle Bedarfe Lösungen anbieten“.

Die Berliner Straße soll auch in den Entwürfen Astocs die „Schauseite“ des Campus werden. Ohnehin seien dort „bereits alle wichtigen Player“ angesiedelt, erläutert Hermann. Neben grünen Freiflächen bedürfe es auf dem Areal aber auch Urbanität. Offene Erdgeschosse könnten aus Sicht von Astoc als zusätzliche Begegnungsräume fungieren. Durch Umwidmungen und Sanierungen von Bestandgebäuden könne man mit nur zwei Prozent Neuversiegelung 80 Prozent zusätzliche Nutzfläche im Neuenheimer Feld schaffen. Zusätzlich will man auf dem Campus fast 800 neue Bäume pflanzen.
Masterplan Neuenheimer Feld: Wird der Hühnerstein bebaut?
Danach sieht es aktuell nicht aus. Team Höger hatte das Gewann Hühnerstein bereits in vorherigen Entwürfen unangetastet belassen. Daran will man weiter festhalten: „Der Hühnerstein ist eine Kulturlandschaft mit hohem ökologischem Wert“, stellte Kerstin Höger klar. Auch Astoc will den Hühnerstein nicht anfassen: Das soll in den Plänen der Kölner Architekten durch eine Verlagerung der Klinikerweiterung auf Sportflächen, eine Optimierung des Campus und zusätzliche Untergeschosse möglich werden.
Übrigens: Unser HEIDELBERG24-Newsletter informiert Dich regelmäßig über alles Wichtige, was in Deiner Stadt und Region passiert.
Masterplan Neuenheimer Feld: Verkehr, Straßenbahn, Parkplätze
Beide Teams wollen den Motorisierten Verkehr möglichst komplett aus dem Campus raushalten. Dabei setzen beiden auf einen Campusring mit Straßenbahn. Neben der Tram sollen sich Menschen hauptsächlich zu Fuß oder mit dem Rad durch das Neuenheimer Feld bewegen. Parkhäuser soll es dennoch weiter geben. Diese will Astoc möglichst „einfahrtsnah“ realisieren, damit Verkehre in die Campusmitte und nach Westen abnehmen. Höger setzt auf eine Reduktion an Stellplätzen ab 2035. Daneben will man den Verkehr durch Car- oder Bikesharing weiter reduzieren. Überregional brauche es zudem ein „quellnahes P&R-Angebot“. Das könne aber nicht im Masterplanverfahren geschaffen werden.

Zusätzlich wollen beide Teams das Neuenheimer Feld über eine zusätzliche Straße für den motorisierten Verkehr erschließen. Diese soll südlich des Klausenpfads in Richtung Westen führen. Bei Astoc knickt die Straße auf Höhe der PH nach Süden ab. Aus Sicht der Kölner Planer soll die zweite Norderschließung vornehmlich den „logistischen Verkehr auffangen“. Höger verlängert die zweite Nordachse bis zur Tiergartenstraße.
Projektträger: „Licht und Schatten“ bei Masterplan-Entwürfen
Mit der Präsentation habe ein „langer Prozess den nächsten Meilenstein erreicht“, sagte Unirektor Prof. Dr. Bernhard Eitel für die drei Projektträger ‒ Land Baden-Württemberg, Uni Heidelberg und Stadt Heidelberg. Bei beiden Ansätzen sehen man „Licht und Schatten“, so Eitel. Die Trennung der Straßenbahn vom motorisierten Verkehr sei für die Uni interessant. „Verdichtungsszenarien“ sehe man allerdings kritisch: Man könne bestimmte Institutionen nicht in Untergeschosse verdrängen. Auch in Sachen Bausubstanz könne man Milliarden Euro teure Gebäude nicht einfach „umsortieren oder abreißen“. Zudem muss die Universitätsklinik mit ihren rund eine Millionen ambulanten Patienten pro Jahr weiter arbeitsfähig bleiben. Ohne Zugang für den motorisierten Verkehr sei das „schwer vorstellbar“. Wie die Entwürfe umzusetzen wären, „müsse das weitere Verfahren zeigen“.

Bürger können auf www.masterplan-neuenheimer-feld.de eigene Beiträge zu den Entwürfen und Plänen für den Campus Neuenheimer Feld verfassen. Die Entwürfe, Präsentationen und viele weitere Informationen zum Masterplanprozess sind dort online einsehbar. Am 5. Oktober werden die Mobilitätsvarianten im Rahmen eines Stadtteilgesprächs öffentlich diskutiert. Dabei könnte es auch um die von Astoc angedachte Neckarquerung für Fußgänger und Radfahrer nach Wieblingen gehen. (rmx)