Pläne für Heidelberger Hip-Hop-Archiv werden immer konkreter

Heidelberg - Torch, der Urvater des deutschen Hip Hop, übergibt seine Archivalien an das Stadtarchiv und legt somit den Grundstein für das geplante Hip-Hop-Archiv in Heidelberg. Wie es jetzt weitergeht:
Update vom 2. Dezember: Der Grundstein für das geplante Heidelberger Hip-Hop-Archiv ist gelegt: Am 29. November 2019 unterzeichnete der aus Heidelberg stammende, international bekannte Deutschrap-Pionier Frederik Hahn alias Torch im Kulturamt der Stadt den Vertrag zur Übergabe seiner Archivalien. Sie sollen Kern einer lebendigen, multimedialen Aufbereitung der Geschichte des deutschen Hip-Hop sein. Die UNESCO-Literaturstadt Heidelberg gilt als Wiege des deutschsprachigen Hip-Hop.
„Ich freue mich über diesen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Heidelberger Hip-Hop-Archiv. Heidelberg ist eine Stadt, die nicht nur für Tradition steht, sondern auch für junge, innovative Kultur. Das sollten wir viel stärker zeigen als bisher. Das Street-Art-Festival Metropolink zeigt, welche Dynamik dadurch entstehen kann. So eine Magnet-Wirkung wollen wir auch mit dem Hip-Hop-Archiv erzielen, für Besucherinnen und Besucher genauso wie für die Kreativen“, so Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner.
Der Heidelberger Frederik Hahn ist für viele, die mit Rap, Djing, Breakdance und Graffiti-Writing aufgewachsen sind, eine Ikone des Hip-Hop. Er vertritt die allererste Generation des deutschsprachigen Hip-Hop und erlangte mit seinen poetischen Texten Kultstatus, beispielsweise mit seinem Album „Blauer Samt“ (2000). In Heidelberg, wo Torch aufgewachsen ist, vernetzt in der subkulturellen Szene mit Toni L, Advanced Chemistry, Stieber Twins und anderen, entstanden viele seiner ersten Arbeiten. Heute feiert Torch weltweit Erfolge und lebt in Zürich.
Ende Januar 2020 übergibt Toni-L stellvertretend für Torch rund 5.000 Gegenstände aus dem reichen Fundus des Künstlers für das Hip-Hop-Archiv.
Heidelberg: Suche für Standort des Hip-Hop-Archivs läuft
Im Stadtarchiv Heidelberg werden nun unter der Leitung von Dr. Peter Blum seine Archivalien – Plakate, CD-Cover, Fanartikel, Fotografien, Zeichnungen und anderes – in den kommenden Monaten gesichtet und aufbereitet. Parallel dazu wird von Vertreterinnen und Vertretern der Hip-Hop-Szene, der Universität Heidelberg und der Stadtverwaltung Heidelberg ein Konzept für die Einrichtung des Heidelberger Hip-Hop-Archivs für den Gemeinderat erarbeitet und nach geeigneten Aktionsräumen für das Archiv gesucht. Auf dieser Grundlage sollen Mittel für den Doppelhaushalt 2021/2022 für die ersten Maßnahmen zur Realisierung des Hip-Hop-Archivs angemeldet werden.
Im Heidelberger Hip-Hop-Archiv soll weiter Hip-Hop gemacht werden
Kulturamtsleiterin Dr. Andrea Edel: „Hip-Hop ist eine internationale Bewegung, die sich permanent weiterentwickelt und aktuell boomt, während sie zeitgleich an vielen Universitäten weltweit zum Gegenstand der historisierenden wissenschaftlichen Aufarbeitung gemacht wird. Mit dem Heidelberger Hip-Hop-Archiv greifen wir diese Entwicklung auf und schaffen etwas Einmaliges. Es ist eine große Ehre für Heidelberg, dass Torch sich auch heute mit seiner Heimatstadt identifiziert und nun seine Sammlung von Originalen der Hip-Hop-Kultur der Stadt Heidelberg anvertraut. Die Stadt erhält damit die Chance, mit der Präsentation authentischer Artefakte und Produkte des Hip-Hop aus der Gründungsphase des deutschsprachigen Hip-Hop die Grundlagen zu legen für dessen kunsthistorische Erforschung, die weltweit an den Universitäten in Bern, Oxford oder Hongkong bereits eingesetzt hat. Im Heidelberger Hip-Hop-Archiv soll darüber hinaus weiter Hip-Hop gemacht werden.“
Heidelberg: Workshop soll Hip-Hop-Archiv auf den Weg bringen
Erstmeldung vom 28. April 2017: Seit vielen Jahren ‚geistert‘ die Idee eines Hip-Hop-Archivs durch Heidelberg. Jetzt könnte das Archiv realisiert werden. 2011 hatte Frederik Hahn, besser bekannt als ‚Torch‘, einen tollen Plan: Der Mitgründer der Hip-Hop-Combo Advanced Chemistry und ‚Urvater‘ des deutschsprachigen Rap wollte seiner Heimatstadt Originalexponate als „Dauerleihgabe“ überlassen, die in einem Hip-Hop-Archiv gezeigt werden sollten.
Neben Fotos, Texten, Musik und Videos sollten unter anderem auch Material von Toni-L (Advanced Chemistry), den Stieber Twins oder Cora E. zu sehen und hören sein. Ende 2011 stimmte der Gemeinderat für die Einrichtung eines Hip-Hop-Archivs. Seither ist bei dem Thema leider nicht viel passiert.
Heidelberg: Workshop soll Überblick geben
Das könnte sich jetzt ändern. Am Donnerstag beschloss der Ausschuss für Bildung und Kultur einstimmig das Konzept für einen Workshop, in dem Torch und Toni-L Mitglieder der Stadtverwaltung und Wissenschaftler über das bestehende Archivmaterial informieren wollen.
In dem Workshop sollen „Lehrende und Studierende des Musikwissenschaftlichen Seminars, des Instituts für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg, Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie eventuell für weitere Forschungsinstitute und Experte ... weiterführende Aufschlüsse über das Archivmaterial erhalten und auf einen Wissenstand darüber gebracht werden, was man sich von der Einrichtung eines Hip-Hop-Archivs erwarten darf“, so die Beschlussvorlage.
Kathrin Rabus (Grüne) freute sich darüber, dass endlich Bewegung in die Sache kommt. Matthias Kutsch (CDU) fand, dass der Workshop inhaltlich gut aufgesetzt ist.
Bei Sichtung des Sammlungsgegenstände von Torch kommt es immer wieder zu Verzögerungen
Der Workshop soll am 2. Juni in der Halle02 stattfinden, ist auf rund zweieinhalb Stunden angesetzt und schlägt mit knapp 4.000 Euro zu Buche. Den Wunsch der Künstler, den Workshop auf möglichst wenige Teilnehmer zu reduzieren und auf Öffentlichkeit zu verzichten, konnten die Räte nur bedingt nachvollziehen.
„Wenn wir für den Workshop öffentliche Gelder verwenden, muss die Öffentlichkeit auch erfahren, was im Workshop passiert“, fand Alexander Schestag (Piraten). Die Verwaltung habe bei den Künstlern darauf gepocht, dass alle Gemeinderäte zu dem Workshop eingeladen würden, ergänzte Bürgermeister Dr. Joachim Gerner.
Bei der Sichtung der Sammlungsgegenstände von Torch kam es immer wieder zu Verzögerungen. Das lag aber nicht an der Stadtverwaltung, betonte Bürgermeister Gerner.
Aus einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage von Stadrat Felix Grädler (Grüne) vom Mai 2016 geht hervor, dass „ungeachtet wiederholter Anstrengungen und beharrlichen Nachfragens von Archiv und Kulturamt“ im Sommer 2012 „allein der in Rottweil lagernde kleinere Teil der Archivalien zugänglich gemacht“.
Hintergrund
Advanced Chemistry wurden 1987 in Heidelberg gegründet und gelten als Begründer des Deutsch-Raps. 1992 gelang der Combo mit „Fremd im eigenen Land“ der Durchbruch. Zu dem Trio zählte neben Torch und Toni-L auch Kofi Yakpo („Linguist“), „Gee-One“ und „DJ Mike MD“. Großen Einfluss auf die Combo hatte auch Produzent und DJ „Boulevard Bou“.
rmx