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Wegen Loverboy-Methode in die Prostitution – Sandra Norak klärt in Heidelberg auf

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Von: Madlen Trefzer

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Heidelberg - Sandra Norak beehrt unsere Stadt, um auf der Bühne des Deutsch-Amerikanischen Instituts über ihren Einstieg in die Prostitution zu sprechen.

„Frauen in der Prostitution sagen oft, sie machen das freiwillig, weil sie es sagen müssen“, hallt es durch den Raum. Diese Worte kommen von einer ernsten Frau auf einer Bühne in Heidelberg und durchdringen uns bis in die Knochen. Sandra Norak weiß genau wovon sie spricht – sie hat Zwangsprostitution und Menschenhandel durchlebt. Ein Mann drängte sie mit der Loverboy-Methode zum Anschaffen.

Die Loverboy-Methode – Ausbeutung von Frauen in der Prostitution, Menschenhandel, Zuhälterei

Die Loverboy-Methode ist eine Art der Ausbeutung im Bereich Menschenhandel. Täter täuschen jungen Frauen eine Beziehung vor und zwingen sie anschließend in die Prostitution. „Jede Geschichte ist individuell“, warnt Norak. Ihre fing damit an, als sie auf eine Frau im Internet stieß. „Manchmal werden Frauen dazu beauftragt, für den ,Loverboy’ nach Frischfleisch zu suchen, um selbst nicht mehr anschaffen zu müssen“, erklärt Norak ihrem Publikum.

„Mein Vater hat früh die Familie verlassen – meine Mutter war psychisch krank. Ich flüchtete ins Internet“, erinnert sich die heute 33-Jährige. Erst traf sie auf die Frau, dann auf den Zuhälter. „Zunächst war von Prostitution nicht die Rede“, so Norak weiter. Und eines Tages stand sie mit dem Mann, von dem sie dachte, er sei ihr Freund, mitten in einem Bordell.

Sandra Norak spricht von ihrem Weg in die Prostitution

„Das Bauchgefühl, das ich hatte, als ich dieses Etablissement betrat, wurde sogleich gekonnt für falsch erklärt. Zuhälter suchen sich gezielt Menschen aus, deren Grenzen bereits in der Kindheit überschritten wurden“, erklärt Sandra Norak. Der Mann, der den Körper und die Seele der damals 16-Jährigen bald an Freier verkaufen würde, sagte Worte wie: „Prostitution ist in Deutschland legal“ und dass sie die Frauen im Millieu nicht verurteilen solle.

„Irgendwann fragte er mich: willst du nicht auch mal anschaffen gehen? Ich sagte nein.“ Er erzählte ihr dann von hohen Schulden und davon, dass alle Frauen im Bordell aus Liebe zu ihren Männern anschaffen gingen und diesen helfen würden.
„Man ist schnell drin, doch der Weg raus ist wahnsinnig schwierig“, so Sandra Norak. Das Wichtigste sei es, zu verhindern, dass Menschen da überhaupt rein geraten.

„Ich habe ihn geliebt“ – Sandra Norak wurde von ihrem Zuhälter manipuliert und ausgebeutet

Von der Loverboy-Methode wusste sie damals nichts und hätte sich niemals vorstellen können, dass es Menschen gibt, die sich absichtlich Mädchen im Internet suchen, um ihnen eine Beziehung vorzutäuschen, um dann Menschenhandel zu betreiben. „Ich habe ihn geliebt und dachte, er sei in eine schwierige Lage geraten“, erinnert sich Sandra Norak an früher.

Zwangsprostitution sehe nach außen oft anders aus als man sie sich vorstelle. Man stelle sich immer Frauen in Ketten oder Kellern vor, die nicht entkommen können. Oftmals werden die Frauen und Mädchen allerdings psychisch gebrochen und gefügig gemacht. Durch Drohung, Schläge, Vergewaltigung.

Kampf gegen Zwangsprostitution: Das macht Sandra Norak heute

Dabei sei ein häufig vorhandenes fehlendes Opferbewusstsein aufgrund der Bindung zum Täter und oft bereits früh durchlebter Gewalterfahrungen ein Grund dafür, warum Frauen sich (zunächst) nicht von den Tätern lösen können. Sie sind isoliert und denken oft, sie hätten es nicht anders verdient oder es sei „normal“.

„Ich spreche auch öffentlich, weil viele Frauen in diesem Milieu stigmatisiert werden, die Gewalt und Menschenhandel erfahren und kaputt gemacht werden. Das muss aufhören“, sagt Norak. Heute steht sie vor dem 2. Staatsexamen. Sie hat das Ziel, Betroffene vor Gericht zu verteidigen und betreibt, wenn die Zeit es zulässt, auch Aufklärungsarbeit an Schulen.

Sandra Noraks Auftritt wird vom Frauennotruf Heidelberg unterstützt

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Unterstützt wird Sandra Noraks Auftritt durch den Frauennotruf gegen sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen e.V. Heidelberg – dessen Protagonistinnen wir damals bei ihrer Ausstellung im Darmstädter Hof Centrum kennenlernen – und auch durch „Anna“ – die Heidelberger Fachberatung für Menschen in der Prostitution. (mad)

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