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Fall Anis Amri: Brisante Notizen bringen BKA in Bedrängnis - auch Name de Maizière fällt

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Terroranschlag Breitscheidplatz: Wurde Anis Amri unterschätzt?
Terroranschlag Breitscheidplatz: Wurde Anis Amri unterschätzt? © dpa / Bernd von Jutrczenka

Am 19. Dezember 2016 fuhr Anis Amri mit einem LKW in eine Menschenmenge auf einem Berliner Weihnachtsmarkt. Nun tauchten neue Erkenntnisse auf, dass der Anschlag hätte verhindert werden können.

Update vom 5. Dezember: Nach den Vorwürfen eines Kriminalhauptkommissars, ein V-Mann aus der Islamisten-Szene mit Informationen über die Gefährlichkeit Anis Amris sei mundtot gemacht worden, hat der Untersuchungsausschuss handschriftliche Notizen erhalten, die das Bundeskriminalamt (BKA) in Bedrängnis bringen könnten. In einer Gesprächsnotiz des Beamten vom nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt (LKA) finden sich die Stichpunkte „Problem VPo und LKA beseitigen“, „aus dem Spiel zu nehmen“ und „kaputt geschrieben“. Daneben notierte der LKA-Beamte noch „ganz oben“, sowie den Namen eines hochrangigen BKA-Beamten und „TdM“ für den damaligen Innenminister Thomas de Maizière (CDU).

Amri-Ausschuss: Kriminalhauptkommissar bringt BKA in die Bredouille

Berlin  - Ein Kriminalhauptkommissar des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA) hat im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz schwere Vorwürfe erhoben. Ein Beamter des Bundeskriminalamtes habe ihm am Rande einer Besprechung am 23. Februar 2016 gesagt, der Informant des nordrhein-westfälischen LKA, der damals auf die Gefährlichkeit des späteren Attentäters Anis Amri hingewiesen habe, „mache zu viel Arbeit“. Diese Auffassung werde auch von „ganz oben“ vertreten, habe ihm der BKA-Beamte in dem Vier-Augen-Gespräch gesagt. Auf seine Nachfrage, wer mit „ganz oben“ gemeint sei, habe der Beamte das Innenministerium oder den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) selbst sowie einen leitenden Kriminaldirektor des BKA im Bereich Staatsschutz genannt.

Anis Amri: Informantenaussagen waren glaubwürdig

Der LKA-Mitarbeiter aus NRW sagte, seine Behörde habe damals gegenüber dem BKA und dem Landeskriminalamt Berlin, wo sich Amri inzwischen häufig aufhielt, klargemacht, dass der Informant absolut glaubwürdig sei und seit vielen Jahren für das LKA arbeite.  

Amri hatte am 19. Dezember 2016 in Berlin einen Lastwagen gekapert. Er raste damit über den Weihnachtsmarkt und tötete zwölf Menschen. Seine Tat soll Amri im Netz mit einem Video angekündigt haben. Ein paar Tage später wurde Amri in Mailand erschossen.

Anis-Amri-Quelle sollte mundtot gemacht werden

„Wenn eine V-Person, die als einzige Quelle auf die Gefahr von Anis Amri aufmerksam gemacht hat, mundtot gemacht werden sollte und das auch vom Innenminister ausgegangen sein soll, wäre das ein erschütternder Skandal“, erklärte der FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss, Benjamin Strasser.

 „Die Verhinderung von Terroranschlägen scheint dem BKA weniger wichtig gewesen zu sein als die Ausschaltung einer bis dato perfekt informierten Quelle“, kritisierte Martina Renner (Linke). Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic sagte: „Es steht im Raum, dass hier von höchster Stelle gezielt Einfluss darauf genommen wurde, die Ermittlungen gegen Anis Amri zu torpedieren.“ Nun weiß man, es war unvernünftig. Sogar ein Selfie vor Merkels Haus tauchte auf und warf noch weitere Fragen auf. 

Polizei in NRW hielt späteren Attentäter Amri für „unberechenbar“

Eine Beamtin des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes sagte am Donnerstag als Zeugin im Untersuchungsausschuss des Bundestages zu dem Terroranschlag, „dass ich ihn durchaus als gefährlich eingeschätzt habe und als unberechenbar“. Sie sei angesichts seiner radikalen Äußerungen und seines raschen Eintauchens in die deutsche Salafisten-Szene der Überzeugung gewesen, „man muss da ein Auge drauf haben“. Als sie später erfahren habe, dass Amri in Berlin nicht mehr so engmaschig beobachtet wurde, sei bei ihr ein „ungutes Gefühl“ entstanden.

Quelle hatte ungute Vermutung bei Anis Amri

Als der Informant von dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin hörte, hatte er den Verdacht, dass es Amri gewesen sein könnte, auch wenn er es nicht hoffte. Amri habe eine „Privataudienz“ bei Abu Walaa gehabt und sei jemand gewesen, „dem ich einen Anschlag jederzeit zugetraut hätte“, berichtet der Focus

Aktuell wird der Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz wieder aufgebaut. Drei IS-Anhänger planten Anschläge auf Weihnachtsmärkte in Österreich, Deutschland, Luxemburg und Frankreich. In Gelsenkirchen erschoss ein Polizeikommissaranwärter einen 37-Jährigen, der offenbar einen Terroranschlag verüben wollte.

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