Weder Jamaika noch GroKo
Die ratlose Republik: Wir beantworten die 11 wichtigsten Fragen
Wann würden eigentlich mögliche Neuwahlen stattfinden? Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen gibt es viele offene Fragen. Hier geben wir Ihnen einen Überblick.
Update vom 21. November 2017: Gibt es schon im Frühjahr eine Neuauflage der Bundestagswahl? Angeblich kursiert in Berlin schon ein geheimer Termin für Neuwahlen.
Die FDP lässt die Jamaika-Verhandlungen platzen, die SPD ziert sich vor einer Neuauflage der Großen Koalition. Die Republik steht mitten in der größten Regierungskrise seit 1949. Wie geht es weiter mit Deutschland? Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
SPD-Chef Martin Schulz hatte am Wahlabend angekündigt, dass die SPD in die Opposition geht. Gestern bekräftigte er dies zwar, doch geraten er und die SPD jetzt auch unter Druck von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Die Kanzlerin könnte auch ohne eigene Mehrheit regieren, allerdings mit einer Koalition mit der FDP oder den Grünen. Mit der FDP fehlen 29 Sitze zur Mehrheit, mit den Grünen sogar 42 Sitze.
(Lesen Sie unseren Nachrichten-Ticker zu den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen.)
Minderheitsregierungen gelten nicht als stabil. Vor allem bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts wären sie ein schwieriges Unterfangen. Merkel müsste sich für jede Gesetzesvorlage neue Mehrheiten suchen, also auch bei der Opposition. Da könnten auch Stimmen der AfD ausschlaggebend sein, wenn sie schwarz-gelb tolerieren würde.
Ja. Gibt es innerhalb von zwei Wochen nach dem ersten Wahlgang keine Mehrheit für einen Kandidaten, genügt die einfache Mehrheit. So wird die Person Kanzler, die die meisten Stimmen bekommt. Da die Union die größte Fraktion stellt, wäre das kein Problem für Merkel.
Die Kanzlerin möchte dieses Szenario möglichst vermeiden: In so einem Fall würde sie Neuwahlen vorziehen, unterstrich sie gestern. Und die SPD schließt außerdem aus, dass sie eine Minderheitsregierung unter Merkel tolerieren würde.
Kann Merkel Neuwahlen ansetzen?
Nein, die Kanzlerin kann nicht wie einst Helmut Kohl oder Gerhard Schröder ein Misstrauensvotum anstrengen, da sie nur noch geschäftsführend im Amt ist.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier könnte zunächst einen Kandidaten für die Kanzlerwahl vorschlagen. Gibt es innerhalb von zwei Wochen keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten, kann Steinmeier einen Kanzler mit einfacher Mehrheit wählen lassen - oder den Bundestag auflösen und Neuwahlen ansetzen.
Neuwahlen: Kräfteverhältnisse würden sich möglicherweise kaum ändern
Die Neuwahlen müssten gemäß Grundgesetz innerhalb von 60 Tagen stattfinden.
Den aktuellen Umfragen zufolge würden sich die Kräfteverhältnisse im Bundestag nur unwesentlich verändern. Allerdings könnte es sein, dass künftige Koalitionsverhandlungen mit anderem Personal stattfinden würden: bei der CDU nicht mehr mit Merkel an der Spitze, bei der CSU nicht mehr mit Horst Seehofer, bei den Grünen nicht mehr mit Cem Özdemir oder Katrin Göring-Eckardt - und bei der SPD nicht mehr mit Martin Schulz.
Ja. Die alte Regierung bleibt mit dem Kabinett bis zur Bildung einer neuen Regierung geschäftsführend im Amt. Das gilt auch für die SPD-Minister wie Außenminister Sigmar Gabriel. Diese geschäftsführende Regierung besitzt dieselben Befugnisse wie eine reguläre Regierung. Bislang war es aber Praxis, dass eine derartige Regierung keine weitreichenden Entscheidungen trifft, die die nachfolgende Bundesregierung einschränken würde. Dies betrifft vor allem finanzielle oder personelle Entscheidungen.
Bundespräsident Steinmeier ermahnte gestern alle Parteien: „Ich erwarte von allen Gesprächsbereitschaft, um eine Regierungsbildung in absehbarer Zeit möglich zu machen.“ Er wolle „in den kommenden Tagen Gespräche mit den Vorsitzenden aller an den bisherigen Sondierungen beteiligten Parteien führen, aber auch Gespräche mit den Vorsitzenden von Parteien, bei denen programmatische Schnittmengen eine Regierungsbildung nicht ausschließen“. Damit ist sicher auch die SPD gemeint...