1. Heidelberg24
  2. Region

BioNTech: Biotechnologie aus Mainz für die Welt

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Leon Berent

Kommentare

Das Biotechnologie-Unternehmen BioNTech ist seit Beginn der Corona-Pandemie in aller Munde. Im Rennen um einen Impfstoff gegen das Virus hat die EU-Kommission die Lieferung von bis zu 300 Millionen Einheiten mit der Mainzer Firma vereinbart. Alle Infos rund um das Unternehmen:

BioNTech ist ein Mainzer Biotechnologie-Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Herstellung von aktiven Immuntherapien fokussiert hat. Das Unternehmen verfolgt dabei einen patientenspezifischen Ansatz. Die Schwerpunkte von BioNTech liegen in der Erforschung von Medikamenten auf mRNA-Basis für den Einsatz als individualisierte Krebsimmuntherapien, als Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten und als Proteinersatztherapien bei seltenen Erkrankungen. Darüber hinaus ist das Unternehmen aktiv in der Erforschung von programmierbaren Zelltherapien („Engineered Cell Therapy“), neuartigen Antikörpern und niedermolekularen Immunmodulatoren („Small Molecules“) als Behandlungsoptionen im Kampf gegen Krebs. Im Kampf gegen das Corona-Virus hat sich BioNTech außerdem der Entwicklung eines Impfstoff verschrieben. Hier findest Du mehr News zu BioNTech.

NameBioNTech SE
Gründung2008
CEOUğur Şahin
CMOÖzlem Türeci
HauptsitzMainz
TochtergesellschaftenBioNTech Innovative Manufacturing Services GmbH, BioNTech US Inc.

BioNTech: Sahin, Huber, Türeci – Gründer mit Mission

Der Gründung von BioNTech im Jahr 2008 geht auf die langjährigen Forschungsarbeiten der Mediziner Ugur SahinChristoph Huber und Özlem Türeci zurück. Der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit liegt damals so wie heute auf der Entwicklung und Herstellung von Technologien und Medikamenten für individualisierte Krebsimmuntherapien. Die Gründer SahinHuber und Türeci sind davon überzeugt, dass die Tumorerkrankung eines jeden Krebspatienten einzigartig ist und die Behandlung deshalb ebenso individualisiert erfolgen sollte. Die Wissenschaftler verfolgen dabei die Strategie innovative Forschung mit modernen Technologien zu kombinieren. Ihr Ziel ist es, zukunftsweisende Therapien gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen zu entwickeln.

Prof. Dr. Ugur Sahin ist im Jahr 2008 Mitgründer von BioNTech gewesen. Seitdem ist er Chief Executive Officer (CEO) des Unternehmens. Von 2008 bis 2016 ist er Leiter des wissenschaftlichen Beirats der Ganymed Pharmaceuticals AG, einem biopharmazeutischen Unternehmen, gewesen. Zudem ist er Mitgründer von TRON (Translationale Onkologie an der Universitätsmedizin der JGU Mainz gGmbH) und hat dort von 2010 bis 2019 als Geschäftsführer fungiert. Seit 2014 hält er eine W3-Professur am Universitätsklinikum Mainz. Darüber hinaus ist er Mitgründer der gemeinnützigen Organisation Ci3 (Clusterinitiative für Individualisierte Immunintervention). Sahin hat 1990 in Humanmedizin an der Universität Köln promoviert. Er ist verheiratet mit Dr. Özlem Türeci.

Gründer und Vorstandsvorsitzender Ugur Sahin.
Gründer und Vorstandsvorsitzender Ugur Sahin. © Dominik Pietsch/Biontech

Prof. Dr. med. Christoph Huber ist ebenfalls Mitgründer von BioNTech und seit 2008 Mitglied des Aufsichtsrats des Unternehmens. Huber hat mehr als 50 Jahre in den Bereichen Hämatologie, Onkologie und translationale Immunologie gearbeitet. Seit 2014 ist er emeritierter Professor für Hämatologie und Onkologie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Huber ist Mitgründer von Ganymed Pharmaceuticals gewesen, wo auch Ugur Sahin gearbeitet hat. Außerdem ist Huber Präsident der Association for Cancer Immunotherapy (CIMT) sowie Vorstandsmitglied der Clusterinitiative für Individualisierte Immunintervention (Ci3). Von 2018 bis April 2019 ist er Mitglied des Aufsichtsrats der TRON gGmbH gewesen. Prof. Huber hat an der Universität Innsbruck promoviert.

Dr. med. Özlem Türeci ist 2008 als Mitglied des klinischen und wissenschaftlichen Beirats zu BioNTech gekommen, bevor sie 2018 zur medizinischen Geschäftsführerin (CMO) ernannt wurde. Dr. Türeci ist Mitgründerin von Ganymed Pharmaceuticals gewesen, wo sie 2008 die Funktion des Chief Executive Officers (CEO) übernommen hat. Dr. Türeci ist Vorsitzende und Mitinitiatorin der gemeinnützigen Organisation Ci3 (Clusterinitiative für Individualisierte Immunintervention) sowie Vorstandsmitglied der Association for Cancer Immunotherapy (CIMT). Dr. Türeci hat an der Medizinischen Fakultät des Saarlandes in Homburg promoviert.

BioNTech: Standorte – Von Mainz in die Welt

In Mainz hat BioNTech seinen Hauptsitz. Neben der Entwicklung von Biotechnologie stellt das Unternehmen auch her. In Deutschland werden drei GMP-zertifizierte Produktionsstätten zur Herstellung von mRNA-Therapeutika und programmierbaren Zelltherapien („Engineered Cell Therapies“) betrieben.

Standort Mainz: Der Hauptsitz von BioNTech.
Standort Mainz: Der Hauptsitz von BioNTech. © Andreas Arnold/dpa

Im September 2020 verkaufte Novartis Vaccines and Diagnostics ein Werk in Marburg an Biontech. In dem Werk, in dem rund 300 Mitarbeiter beschäftigt sind, ist eine Jahresproduktion von 750 Millionen Impfstoffdosen geplant.

Neben der Mainzer Zentrale und der Impfstoff-Fabrik in Marburg ist BioNTech an sieben weiteren Standorten aktiv: Die Standorte sind Idar-Oberstein (BioNTech Innovative Manufacturing Services GmbH), Martinsried (BioNTech Small Molecules GmbH), Neuried (BioNTech SE) und eine vierte Einrichtung in Berlin, die sogenannte „peptidbasierte Dienstleistungen und Produkte“ für verschiedene Bereiche der biomedizinischen Forschung anbietet (JPT Peptide Technologies GmbH). Im Jahr 2019 wurden die Standorte um eine Tochtergesellschaft in San Diego, USA, erweitert (BioNTech Research & Development, Inc.). Es ist das erklärte Ziel von BioNTech, das weltweit führende Unternehmen auf dem Gebiet der Immuntherapie zu werden.

BioNTech: Forschung – Von der Onkologie bis zur Virologie

BioNTech hat sich auf Immuntherapie spezialisiert. Ziel der Immuntherapie in der Onkologie ist es, das Immunsystem des Erkrankten zu nutzen, um bösartige Zellen als „fremd“ zu erkennen und Mechanismen zu überwinden, mit denen sich die Krebszellen der Immunabwehr entziehen. Bei dieser Therapieform soll das Immunsystem derart aktiviert werden, dass es in der Lage ist, das Tumorwachstum zu begrenzen und bösartige Zellen zu zerstören. Durch die Fähigkeit von Krebs beliebig zu mutieren, ist der Tumor eines jeden Patienten einzigartig. Die Gesamtheit dieser Mutationen nennt man Mutanom. Anhand dieses Mutanoms werden patientenspezifische Medikamente entwickelt. Die Behandlung ist somit für jeden Patienten maßgeschneidert. Die Entwicklung von Krebsimmuntherapien, die auf jeden Patienten individuell zugeschnitten sind, steht im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten von BioNTech.

Neben dem Krebs hat BioNTech auch Infektionskrankheiten wie HIV und Tuberkulose den Kampf angesagt. Hierzu ist das Mainzer Unternehmen Kooperationen mit dem amerikanischen Pharmakonzern Pfizer und der University of Pennsylvania eingegangen. Im August 2019 schloss BioNTech mit der Bill & Melinda Gates Foundation ein Investitionsabkommen, um die Entwicklung von Immuntherapien zur Vorbeugung und/oder Behandlung von HIV, Tuberkulose und bis zu drei weiteren Infektionskrankheiten voranzutreiben.

Das Unternehmen arbeitet in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Mischkonzern Fosun an einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2 (Corona-Virus). Hierzu hat das Paul-Ehrlich-Institut am 22. April 2020 eine klinische Studie Phase 1/2 für das Impfstoffprogramm BNT162 genehmigt. Bis Ende April erhielt eine erste Gruppe von zwölf Probanden die erste Impfung. Die Zulassung einer weiteren Studie in den Vereinigten Staaten wird erwartet.

BioNTech: Corona-Impfstoff – Macht BioNTech das Rennen?

Zur Entwicklung eines Corona-Impfstoff intensiviert BioNTech die Kooperation mit dem US-Konzern Pfizer und kann im November einen Impfstoff vorweisen, der zulassungsreif ist. Der klinisch geprüfte Impfstoff BNT162b2 hat in einer Phase-3-Studie eine 90-prozentige Schutzwirkung erzielt. Schwere Komplikationen seien nicht aufgetreten. Die klinische Phase-3-Studie hat am 27. Juli an weltweit 154 Zentren (deutsche Betei­li­gung: Berlin, Essen, Frankfurt/Main, Hamburg, Stuhr bei Bremen) begonnen. Ur­sprünglich sollten 30.000 gesunde Erwachsene getestet werden. Die Zahl ist inzwischen auf etwa 44.000 Personen erhöht worden.

Eine Zwischenauswertung, die am 8. November erfolgt ist, umfasst 43.538 Teilnehmer, von denen 38.955 die zweite Dosis des Impfstoffkandidaten erhalten haben. Die Zwischenauswer­tung wird nach Rücksprache mit der US-Arzneimittelbehörde FDA für den Zeitpunkt festgelegt, an dem 94 bestätigte Erkrankungen aufgetreten sind.

Nach den jetzt vorgestellten Ergebnissen sind die meisten Fälle im Placeboarm der Stu­die aufgetreten. Laut dem Hersteller liegt die Effektivität bei mehr als 90 %. Genauere Angaben werden nicht gemacht. Angesichts der Teilnehmerzahl dürfte das Ergebnis je­doch signifikant sein. Eine Effektivität von mehr als 90 % spricht für eine hohe Schutzwirkung.

BioNTech: Partnerschaften – Gemeinsam zum Erfolg

Zum herausragenden Erfolg von BioNTech tragen auch die vielfältigen Partnerschaften bei, die das Unternehmen über die Jahre eingegangen ist. Insgesamt sieben Kooperationsvereinbarungen mit renommierten biopharmazeutischen Partnern hat das Unternehmen geschlossen. Darunter seien mehrere Vereinbarungen, die es dem Unternehmen ermöglichen, die maßgebliche Kontrolle über unsere Entwicklungsprogramme zu behalten und an der Zukunft der Produkte teilzuhaben. Ziel dieser Kooperationen sei es, das Potenzial der firmeneigenen Technologie-Plattformen und der Pipeline zu maximieren und die breite Anwendbarkeit der mRNA-Wirkstoffklasse über die Krebstherapie hinaus auch in weiteren Indikationsgebieten zu nutzen. Um dies zu erreichen, hat BioNTech einige der Big Player der Biotechnologie-Branche ins Boot geholt.

Pharmaunternehmen „Eli Lilly“ ist seit 2015 Kooperationspartner von BioNTech.
Pharmaunternehmen „Eli Lilly“ ist seit 2015 Kooperationspartner von BioNTech. © Eli Lilly

In Zusammenarbeit mit Eli Lilly and Company entwickelt BioNTech neue Tumorzielstrukturen sowie dazugehörige T-Zell-Rezeptoren (TCRs). Die Unternehmen pflegen ihre Forschungszusammenarbeit seit Mai 2015 angekündigt.

Biotech-Unternehmen „Genmab“ ist seit 2015 Kooperationspartner von BioNTech.
Biotech-Unternehmen „Genmab“ ist seit 2015 Kooperationspartner von BioNTech. © Genmab

Am 19. Mai 2015 schloss BioNTech ein Lizenz- und Kooperationsabkommen mit dem dänischen Biotech-Unternehmen Genmab ab. Ziel dieser Kooperation ist die gemeinsame Erforschung, Entwicklung und Vermarktung von bispezifischen Antikörpern auf Polypeptidbasis gegen bestimmte Zielkombinationen für die Behandlung von Krebserkrankungen beim Menschen weltweit. Das erste mögliche Produkt DuoBody®-PD-L1x4-1BB ist im Juni 2019 in eine Phase 1/2a-Studie bei soliden Tumoren untersucht worden.

Unternehmensriese „Bayer“ ist seit 2016 Kooperationspartner von BioNTech.
Unternehmensriese „Bayer“ ist seit 2016 Kooperationspartner von BioNTech. © Bayer

Seit Mai 2016 arbeiten wir gemeinsam mit Bayer Animal Health an der Entwicklung neuartiger, erstklassiger mRNA-Impfstoffe und Therapeutika speziell für den Einsatz in der Tiergesundheit.

Biotech-Unternehmen „Genentech“ ist seit 2016 Kooperationspartner von BioNTech.
Biotech-Unternehmen „Genentech“ ist seit 2016 Kooperationspartner von BioNTech. © Genentech

Am 20. September 2016 hat BioNTech eine Kooperationsvereinbarung mit Genentech und F. Hoffman-La Roche AG abgeschlossen, um gemeinsam bestimmte pharmazeutische Produkte zu erforschen, zu entwickeln, herzustellen und zu vermarkten.

BioNTech: Börsenliebling auf der Überholspur

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben viele Branchen in eine tiefe Krise gestürzt. Dem Börsenkurs von BioNTech hat die Pandemie jedoch sehr gut getan. Das Unternehmen ist im Oktober 2019 in den USA an die Börse gegangen. Durch eine zu diesem Zeitpunkt allgemein angespannte Lage in der Biotech-Branche ist das IPO weniger erfolgreich gewesen als zuvor erwartet worden war. Doch seitdem ist der Kurs kontinuierlich gestiegen und die Bekanntgabe über die Arbeit an einem Corona-Impfstoff hat den Kurs Mitte März in die Höhe springen lassen. Der Wert der Unternehmens vervierfachte sich innerhalb weniger Tage, wenngleich sich die Euphorie auch schnell wieder abkühlte. Im Vergleich zum Beginn der Pandemie hat sich der Kurs der Unternehmens nun fast vervierfacht. (lpb)

Auch interessant

Kommentare