Coronavirus im Elsass: Lage dramatisch! Stadt trauert um beliebten Bürgermeister
Das Elsass gilt als Brennpunkt der Coronavirus-Krise in Frankreich. Die Zahl der Toten steigt, es fehlt weiterhin an Schutzausrüstung und Material für die Krankenhäuser. Gibt es trotzdem Hoffnung?
- Elsass im Zentrum der Coronavirus-Krise in Frankreich: Zahl der Fälle steigt dramatisch.
- Seit Mitte März 2020 gilt die Region Grand Est laut RKI als Risikogebiet.
- Die Region rund um das Elsass meldet bereits 500 Tote. 3.000 Infizierte liegen im Krankenhaus.
- Katastrophen-Mediziner berichtet: Dramatische Lage in einer Klinik in Straßburg.
- Bundeswehr fliegt Patienten aus Frankreich nach Deutschland ein.
Update vom 7. April, 7:40 Uhr: Der Bürgermeister der elsässischen Stadt Saint-Louis, Jean-Marie Zoellé, ist in Folge einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Das bestätigte die Stadt am Montag auf Twitter. Die Zeitung „Dernières Nouvelles d'Alsace“ (DNA) berichtete unter Berufung auf die Familie Zoellés, der 75-Jährige sei in einer Klinik in Bonn gestorben. Der Bürgermeister war demnach Ende März aus einem Krankenhaus in Mülhausen (Mulhouse) im Département Haut-Rhin zur Behandlung nach Deutschland gebracht worden. Zoellé war bei der ersten Runde der Kommunalwahlen in Frankreich am 15. März erneut zum Bürgermeister der Stadt mit rund 21.000 Einwohnern an der Grenze zu Baden-Württemberg und der Schweiz gewählt worden. Damals kritisierte Zoellé, dass die Wahl trotz des Gesundheitsrisikos durch das Coronavirus stattfand. Das Elsass und das gesamte Département Haut-Rhin gilt als ein Brennpunkt der Coronavirus-Pandemie in Frankreich.
Coronavirus im Elsass: Über 800 Tote – Krankenhäusern fehlt es an Schutzkleidung
Update vom 31. März, 17:20 Uhr: Die Lage im Elsass ist weiterhin angespannt. Tag für Tag würden etwa gleich viele Menschen auf Intensivstationen gebracht. Es fehle weiterhin an Schutzausrüstung und Material für die Krankenhäuser, erklärt der Präsident der Region Grand Est, Jean Rottner, am Montag dem Radiosender France Bleu. Die Zahl der Anrufe beim medizinischen Notfalldienst gehe „möglicherweise“ leicht zurück, so Rottner. „Es ist ein kleiner Indikator für Hoffnung, aber wir müssen äußerst vorsichtig sein", betont er. In Städten wie Colmar und Straßburg gebe es bereits Desinfektionsaktionen, bei denen unter anderem Parkbänke, Altenheime, Lebensmittelgeschäfte und Apotheken desinfiziert werden.
Nach Angabe der regionalen Gesundheitsbehörde seien fast 4.000 Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind, in Krankenhäuser in Grand Est untergebracht. 774 davon sind auf Intensivstationen. In der Region gibt es bislang 816 Todesfälle.
Coronavirus im Elsass: Luftwaffe fliegt schwer kranke Franzosen nach Deutschland
Update vom 30. März, 14 Uhr: Die Bundeswehr hat am Sonntag zwei weitere Covid-19-Patienten aus Frankreich zur Behandlung nach Baden-Württemberg gebracht. Ein militärisches Transportflugzeug hatte von Straßburg die schwer erkrankten Franzosen zunächst am Nachmittag nach Stuttgart geflogen. Nach Angaben eines Sprechers wurden sie von dort mit einem Bundeswehrkrankenwagen nach Ulm in das Bundeswehrkrankenhaus gebracht.
„Frankreich braucht jetzt unsere Hilfe. Und natürlich stehen wir unseren Freunden bei“, sagt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Sie habe deshalb mit ihrer französischen Amtskollegin Florence Parly die Übernahme der Patienten vereinbart. Das baden-württembergische Sozialministerium geht von „Nothilfe“ der Bundeswehr aus.
Coronavirus: Keine Aufnahme von Patienten aus Frankreich?
Das Ministerium hatte bereits am 24. März die Kliniken und Unikliniken im Land angeschrieben und gebeten: „Aufgrund der dynamischen Lageentwicklung in Baden-Württemberg bitten wir Sie, derzeit von weiteren Aufnahmen aus dem Ausland abzusehen. Die aktuelle Lageeinschätzung lässt derzeit keine weiteren Aufnahmen aus dem Ausland zu. Sollte sich die Lage bei uns wieder entspannen, werden wir erneut auf Sie zukommen.“
Coronavirus im Elsass: Ärzte müssen Patienten über 80 sterben lassen
Update vom 28. März, 13:50 Uhr: In Frankreich wurden die Ausgangsbeschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus um rund zwei Wochen verlängert. Die Franzosen müssten mindestens bis zum 15. April zu Hause bleiben, kündigte Frankreichs Premier Édouard Philippe am Freitag nach einer Regierungssitzung unter Vorsitz von Präsident Emmanuel Macron an. „Dieser Zeitraum kann verlängert werden, wenn die gesundheitliche Situation dies erfordert“, sagt Philippe.
Seit eineinhalb Wochen gelten in Frankreich wegen der Coronavirus-Krise strenge Regeln, die Menschen dürfen das Haus nur verlassen, wenn es notwendig ist. Täglich ist außerdem eine Stunde Sport oder Gassigehen im Radius von einem Kilometer zur Wohnung erlaubt. Ursprünglich sollten die Beschränkungen nur bis Ende März gelten. Frankfreich ist schwer getroffen von der Covid-19-Pandemie, bis Donnerstagabend sind rund 1.700 Todesfälle verzeichnet worden. Als Brennpunkt der Coronavirus-Krise gilt das Elsass.
Coronavirus im Elsass: So dramatisch ist die Lage in Straßburg
Erstmeldung vom 27. März: Das Elsass gilt als das Epizentrum der Coronavirus-Krise in Frankreich. Im gesamten Land gibt es (Stand 26. März) 29.155 Coronavirus-Fälle – davon 5.500 Menschen in der Region Grand Est, die sich aus Elsass, Lothringen und Champagne-Abrenne zusammensetzt. Das Robert-Koch-Institut hat die Region, die an Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland grenzt, bereits vor rund zwei Wochen als Coronavirus-Risikogebiet eingestuft. Bis Mittwoch waren dort über 3.000 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern untergebracht – davon 651 auf Intensivstationen. Seit Beginn der Pandemie sind in der Region Grand Est mehr als 500 Todesfälle gemeldet worden. Das ist fast ein Drittel der Gesamtzahl der Coronavirus-Toten in ganz Frankreich.

Besonders dramatisch ist die Lage aktuell im Elsass. Über die Zustände in der Uniklinik in Straßburg berichten nun auch deutsche Katastrophen-Mediziner:
Coronavirus im Elsass: Ärzte arbeiten auch wenn sie infiziert sind
Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus sind die Zustände im Elsass dramatisch. Ärzte arbeiten an der Uniklinik Straßburg weiter mit Coronavirus-Patienten, auch wenn sie selbst infiziert sind. Frankreich gestattet auch mit Coronavirus infizierten Ärzten die Arbeit. „Einzig bei bestätigter Infektion und eigenen Symptomen wird die Arbeit wenige Tage unterbrochen“, schreiben die Mediziner über den französischen Rettungsdienst.
Coronavirus im Elsass: Patienten über 80 Jahre werden in Straßburg nicht mehr beatmet
Mediziner des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Tübingen besuchten die Universitätsklinik Straßburg am Montag – und schlagen angesichts der Zustände im Elsass Alarm. Sie berichten in einem Papier an die baden-württembergische Landesregierung von einer „greifbaren Gefahr“ durch das Coronavirus.
Seit dem Wochenende würden Patienten, die älter als 80 Jahre sind, an der Straßburger Klinik nicht mehr beatmet. So werde auch mit Patienten in Pflegeheimen in jenem Alter verfahren, die beatmet werden müssten. Sie sollen durch den Rettungsdienst eine „schnelle Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln“ erhalten.

Die Universitätsklinik Straßburg bestreitet, dass das Alter das einzige Kriterium für Intensiv-Maßnahmen sei. Die an der Universitätsklinik geltenden Praktiken entsprächen den Empfehlungen der gängigen Fachgesellschaften, hieß es in einer Mitteilung.
Coronavirus im Elsass: Klinik in Straßburg nimmt stündlich Covid-19-Patienten auf
Am Montag (23. März) hat die Klinik in Straßburg dem Bericht der Katastrophen-Mediziner aus Baden-Württemberg zufolge stündlich einen Patienten aufgenommen, der beamtet werden muss. Insgesamt 90 Beatmungs-Betten stehen zu dem Zeitpunkt zur Verfügung – die Klinik im Elsass baut ihre Kapazitäten aktuell aus.
Patienten zwischen 19 und 80 Jahren werden dort beatmet, wobei nur 3 der 90 Patienten jünger als 50 sind und keine Vorerkrankungen haben. Am Universitätsklinikum in Straßburg wird am Tag lediglich eine lebenswichtige Bypass-Operation durchgeführt. Es gibt keine Tumor-Chirurgie mehr und keine ambulanten OPs.
Coronavirus im Elsass: Ausgangssperre in Frankreich seit 10 Tagen
Seit dem 17. Februar kämpft Frankreich mit einer Ausgangssperre gegen die Ausbreitung des Coronavirus im Land. Die Bürger dürfen – zunächst für 14 Tage – ihre Wohnungen in der Regel nicht mehr verlassen, außer sie haben zwingende Gründe. Die können beruflich oder medizinisch sein, oder für das Einkaufen von Lebensmitteln und Arznei. Auch kurze sportliche Betätigung in der Nähe der Wohnung sei erlaubt sowie der Gassi-Gang mit dem Hund.
Zum Vergleich: In Deutschland besteht seit dem 23. März ein Kontaktverbot mit ähnlichen Einschränkungen. Allerdings dürfen in der Bundesrepublik noch zwei Personen in der Öffentlichkeit unterwegs sein.
Auch für die heimische Landwirtschaft hat die Corona-Krise schwerwiegende Folgen: Kommt jetzt der Spargel-Schock? An anderer Stelle sorgen die Heidelberger für einen Lichtblick: Ein „Gabenzaun“ soll Obdachlosen helfen.
kab