Beispielsweise habe das Landgericht eine paranoide Schizophrenie nicht ausreichend untersucht. Der BGH ordnete eine neue Verhandlung an.
Doch auch im zweiten Verfahren wich das Gericht im Fall des Hauptangeklagten nicht vom Urteil der Kollegen ab. „Er war
uneingeschränkt schuldfähig“, sagte der Vorsitzende Richter. Hinweise auf durch Drogen oder anderweitig ausgelöste Psychosen gebe es nicht. Geschilderte Halluzinationen passten nicht zu den Darstellungen aller Menschen, die mit dem Mann zu tun hätten. Diese hätten ihn allenfalls mal als genervt beschrieben, aber keineswegs als psychisch krank.
Das passt zum Motiv, von dem beide Kammern ausgingen: Die Brüder seien aus Syrien nach Deutschland geflohen, wollten sich hier ein neues Leben aufbauen. Insbesondere der Ältere sei ambitioniert und intelligent gewesen, sagte der Richter. Doch unter anderem verzögerte sich die Anerkennung von Abschlüssen. Am Ende sei eine „verbitterte, angespannte, frustrierte Grundstimmung geblieben“.
Das Opfer habe „sehr, sehr, sehr viel Glück gehabt“, dass es überlebte. Der damals 54-Jährige hätte nur etwas kräftiger gebaut
sein müssen oder beim Vorbeifahren des Zuges eine falsche Bewegung machen müssen, und das Geschehen wäre ganz anders ausgegangen, machte der Richter deutlich. Der Mann erlitt Knochenbrüche, Haut fetzte ab, im Krankenhaus fing er sich einen multiresistenten Keim ein, eine Gewebetransplantation wurde nötig.
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Noch heute nehme er Schmerzmittel, so der Richter. Vor allem aber leide der Mann immer noch unter Alpträumen und Angstzuständen. Als die Ladung zum Prozess kam, sei er zusammengebrochen und habe in die Psychiatrie gemusst. Es sei nicht abzusehen, ob sich seine Situation jemals bessere. Gerade diese langwierigen Folgen lastete das Gericht dem 27-Jährigen an.
Beim jüngeren Bruder sah die Lage anders aus: Der 24-Jährige leide an einer paranoiden Schizophrenie, sagte der Richter. Der Mann habe nicht eingreifen können. Während er im ersten Urteil noch eine Bewährungsstrafe bekam, milderte das Gericht diese nun auf eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à zehn Euro ab. Auch gegen dieses Urteil können Rechtsmittel eingelegt werden. Die Anwälte der Brüder machten am Montag zunächst keine Angaben dazu, ob sie das vorhaben. (dpa/rmx)