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9-Euro-Ticket in BW: Jetzt also doch nicht – Land fordert kein Geld von Hartz-IV-Empfängern

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Von: Daniel Hagen

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Baden-Württemberg - Seit Juni gilt in ganz Deutschland das 9-Euro-Ticket. Hartz-IV-Empfänger könnte das teuer zu stehen kommen – jetzt aber wohl doch nicht. Irgendwie. Ganz sicher ist das nämlich nicht.

Update vom 23. Juni: Im Streit um die Rückzahlung von Geld durch Hartz-IV-Empfänger wegen des 9-Euro-Tickets sieht sich das Land nicht zuständig. „Das Land fordert kein Geld von Hartz-IV-Empfängern zurück“, sagte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) am heutigen Donnerstag im Landtag. Anders als in manch anderem Bundesland mussten manche Hartz-IV-Empfänger in Baden-Württemberg wegen des 9-Euro-Tickets Geld ans Jobcenter zurückzahlen, das stieß auf Kritik.

Laut Wirtschaftsministerium geht es darum, dass die Ausgaben für Schülerfahrkarten in den Zahlungen an die Empfänger auf neun Euro reduziert werden. Weil in Einzelfällen für Juni aber noch der alte, höhere Betrag ausgezahlt wurde, mussten zu viel gezahlte Mittel so mitunter zurückgezahlt werden. Das Land aber sei nicht in der Pflicht, so Hoffmeister-Krautt. Man habe lediglich auf Anfrage der Kommunen eine fachliche Rechtseinschätzung abgegeben. Darin kam die Landesregierung zu der Auffassung, dass eine Rückforderung vertretbar sei. Eine Entscheidung treffe aber allein das Jobcenter.

9-Euro-Ticket in BW: „Grotesk und gewissenlos“ – Hartz-IV-Empfänger sollen Geld zurückzahlen

Erstmeldung vom 17. Juni: Mit der Einführung des 9-Euro-Tickets ab dem 1. Juni will die Bundesregierung die Bürger finanziell entlasten. Zusammen mit dem Tankrabatt sollen Millionen Menschen in Deutschland für die Mobilität weniger zahlen, während in Supermärkten die Preise für Lebensmittel ansteigen. Trotzt des Tankrabatts sind die Spritpreise in BW und RLP aber weiterhin überhöht.

BundeslandBaden-Württemberg
Fläche35.751 km²
Bevölkerung11.103.043 (31. Dezember 2020)
HauptstadtStuttgart
MinisterpräsidentWinfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen)

9-Euro-Ticket in BW: Hartz-IV-Empfänger sollen Geld zurückzahlen

Immerhin scheint das 9-Euro-Ticket zu wirken, sodass mehr Menschen auf den ÖPNV umsteigen. Laut Ingo Wortmann, Präsident des „Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen“ (VDV), nutzen über 25 Millionen Menschen das Ticket. Für eine Gruppe könnte der Segen der günstigeren Fahrkarte allerdings bald zum Fluch werden.

In Baden-Württemberg sollen Hartz-IV-Empfänger wegen des 9-Euro-Tickets Geld an den Staat zurückzahlen! Jedoch nicht alle – nur die mit Schulkindern. Denn deren Schülertickets werden ohnehin vom Staat gezahlt, weshalb der Kauf der stark günstigeren Fahrkarte eine doppelte Unterstützung wäre. Die Eltern sollen daher den Differenzbetrag zurückzahlen.

Sozialministerium verteidigt Rückzahlungen von Hartz-IV-Empfängern wegen 9-Euro-Tickets

Das Wirtschaftsministerium von Baden-Württemberg begründet gegenüber dem „SWR“, dass es sich bei den Schülertickets um „zweckgerichtete Leistung“ handele. Es werde also nur so viel gezahlt, wie ein Ticket am Ende kostet. So bekommt man bei der rnv ein Maxx-Ticket für 46.70 Euro pro Monat. Kaufen die Eltern jetzt ein 9-Euro-Ticket für ihr Kind, muss der Differenzbetrag zurückgezahlt werden.

Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales sei ein Verzicht auf die Rückforderung nicht nur „sozialpolitisch sachgerecht“, sondern lasse sich auch aus den Regelungen aus dem zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs herleiten. Eine Sprecherin des Ministeriums erklärt sogar, dass für die betroffenen Familien kein finanzieller Schaden entstehe. Kritik gibt es trotzdem aus allen Richtungen.

Sozialminister Hubertus Heil schaltet sich ein – und hält zu Hartz-IV-Empfängern

Der Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, Hans-Josef Hotz, hält die rechtliche Situation im Gespräch mit den „Badischen Neuesten Nachrichten“ zwar für nachvollziehbar, aus menschlicher Sicht solle man aber auf Rückforderungen verzichten. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dorothea Kliche-Behnke, bezeichnet die Rückzahlung sogar als „grotesk und gewissenlos“.

Hilfe erhalten die betroffenen Hartz-IV-Empfänger nun auch von ganz oben. Wie die „taz“ berichtet, habe Bundessozialminister Hubertus Heil die zuständigen Landesministerien in einem Schreiben darum gebeten, auf die Rückzahlungen zu verzichten. Ob sich die Bundesländer – vor allem Baden-Württemberg – an die Bitte halten, ist allerdings noch unklar.

9-Euro-Ticket: Kritik aus Rheinland-Pfalz wegen Rückzahlungen von Harzt-IV-Empfängern

Kritik gegen die Rückzahlungen gibt es auch aus dem Nachbarbundesland Rheinland-Pfalz. „Ich bin der Auffassung, dass das 9-Euro-Ticket keinesfalls auf die Regelsätze der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende angerechnet werden sollte“, sagt Sozialminister Alexander Schweitzer. Aufgrund von steigenden Kosten für Energie, Lebensmittel und einer extrem dynamischen Inflation seien die Regelsätze bei Hartz-IV ohnehin zu niedrig bemessen. (dh mit dpa)

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